Krise in der Wiener Ärztekammer: Alte Erzrivalen Steinhart und Szekeres finden zusammen
Von Josef Gebhard
Es sagt viel über den aktuellen Zustand der Wiener Ärztekammer aus, wenn zwei langjährige Erzrivalen zusammenfinden und im aktuellen internen Machtkampf gemeinsame Sache machen.
Am Mittwoch traten der ÖVP-nahe Präsident Johannes Steinhart und sein Vorgänger, der SPÖ-nahe AKH-Mediziner Thomas Szekeres, vor die Medien, um an die Kollegen in der völlig zerstrittenen Kammer zu appellieren. Die Botschaft der beiden lautet: Man brauche eine „Koalition der konstruktiven Kräfte“, um sich endlich wieder den eigentlichen Aufgaben der Standesvertretung widmen zu können. Etwa dem Kassenvertragsabschluss für Wien.
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Sowohl Steinhart als auch Szekeres sind aktuell mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in der Causa rund um die kammereigene Handelsfirma Equip4Ordi konfrontiert. Dabei geht es unter anderem um fragwürdige Prämienvergaben und Kreditgeschäfte. Die Causa stand am Anfang der seit Monaten tobenden Grabenkämpfe.
Untreue, Amtsmissbrauch
Steinhart wird unter anderem Beteiligung an Untreue vorgeworfen, weil er in seiner Zeit als Kurienobmann die dubiosen Geschäfte genehmigt haben soll (was dieser bestreitet).
Szekeres wiederum wurde zuletzt von der Wiener Kammer wegen des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs angezeigt. Dabei geht es um 900.000 Euro, die er in seiner Zeit als Präsident für die Firma freigegeben hat. Auch er beteuert, stets korrekt gehandelt zu haben.
„Es besteht der Eindruck, dass hier mit Anzeigen als politisches Instrument gearbeitet wird“, sagt Szekeres. Schließlich hätten die Verantwortlichen ohne die Arbeit der Staatsanwaltschaft abzuwarten, die Medien informiert. Gemeint sind damit vor allem die beiden Vizepräsidenten Erik Huber und Stefan Ferenci, die zuletzt öffentlich den Rückzug von Steinhart gefordert hatten.
Steinhart spricht von einer „kleinen Gruppe von Funktionären, die den Präsidenten weghaben wollen“.
Gemeinsame Sache
Schon zuletzt hatte die Szekeres-Fraktion sich intern immer wieder hinter Steinhart gestellt. Was die tatsächliche Motivation des Ex-Präsidenten ist, bleibt offen. Er selbst strebe jedenfalls momentan keine Spitzenfunktion in der Kammer mehr an, betonte er am Mittwoch. Von seiner jüngsten Forderung nach Neuwahlen ist er angesichts mangelnder Mehrheiten in den Gremien abgerückt.
Möglicher Showdown
Der gemeinsame Auftritt der beiden erfolgte jedenfalls kurz vor zwei Gremiensitzungen in der kommenden Woche, bei denen eine Entscheidung im Machtkampf fallen könnte. Bei der Kuriensitzung der niedergelassenen Ärzte am Montag wird über eine Abwahl von Obmann Huber abgestimmt. Erhält der Antrag eine Zweidrittelmehrheit, könnte dies in Folge zu weiteren Umbesetzungen führen, wodurch sich wieder eine Mehrheit für die Steinhart-Unterstützer in Vorstand und Präsidium ergäbe. Die jetzige Pattstellung wäre aufgehoben.
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Am Dienstag in der Vollversammlung wird wiederum über eine Abwahl von Steinhart als Präsident abgestimmt. Derzeit ist fraglich, ob die beiden Anträge die nötige Mehrheit erhalten. Der Machtkampf in der Kammer könnte also prolongiert werden.