Politik/Inland

Kogler: "Ich bin nicht der Detailminister für alles und jedes"

Der Job des Vizekanzlers dürfte aktuell kein allzu lustiger sein. Und das ließ sich Werner Kogler am Dienstagabend im ORF-"Report" bei Susanne Schnabl auch anmerken.

Unlustig ist sein Job nicht nur wegen der Coronakrise an sich, sondern weil die türkis-grüne Regierung wegen ihrer Maßnahmen immer heftiger kritisiert wird:

Gestern hatten viele mit Erstaunen festgestellt, dass die Ausgangsbeschränkungen, die wochenlang von jedem Minister bei jeder Pressekonferenz gepredigt wurden, so gar nicht im Gesetz stehen.

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Dazu kam, dass das Protokoll einer internen Sitzung publik wurde, in dem Kanzler Sebastian Kurz sinngemäß meinte, die Bevölkerung habe noch nicht genug Angst vor dem Coronavirus.

Kogler und seine Kultur-Staatssekretärin Ulrike Lunacek sind speziell in der Kritik, weil für Kulturschaffende in Österreich noch immer keine Lösung in Sicht ist.

"Alternative ist, dass gar nichts aufsperrt"

Die Lockerungen, die es nun für die Gastronomie gibt, scheinen vielen nicht ganz logisch: So wollte Moderatorin Schnabl wissen, wieso man im Park einen Meter Mindestabstand halten muss, wenn man dort Freunde oder Familienmitglieder trifft - im Lokal dürfen aber vier Personen plus Kindern an einem Tisch eng beisammensitzen.

Dass man da eher der wirtschaftlichen Logik als der gesundheitlichen folgt, bestreitet Vizekanzler Kogler auch gar nicht - es sei halt ein "klassischer Kompromiss", eine "Ausnahmeregel". "Die Alternative wäre, dass gar nichts aufsperrt", betonte er.

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Und ja, auch er habe Sorge, ob man "das alles genau im Griff hat, was das Verhindern einer zweiten Welle betrifft". Es sei eine Frage des Abwägens und des regelmäßigen Evaluierens.

Alle zwei Wochen könne man neu entscheiden, welche Maßnahmen weiter gelockert und welche eventuell wieder gestrafft werden müssen.

"Es schaut alles so lustig aus"

ORF-Moderatorin Schnabl ließ aber nicht locker - und bekam prompt eine Abfuhr. "Ich bin nicht der Detailminister für alles und jedes", konterte der Grünen-Chef. Er sei zuständig dafür, "dass möglichst viele Menschen gerettet werden".

"Es schaut alles so lustig und einfach aus", meinte Kogler angesichts der Lockerungen. "Weil wir so erfolgreich waren, das Virus einzudämmen."

Aber: Das Virus sei nicht weg. "Wir müssen die Zahlen im Auge behalten", betonte Kogler. Ein zweiter Shutdown wäre "menschlich, sozial und wirtschaftlich ein Riesenproblem".

"Mehr eine Gedankenübung"

Nächstes Thema: Die Kultur. Für Aufsehen hatte ja die Überlegung von Staatssekretärin Lunacek gesorgt, dass im Kulturbereich (ebenso wie in den Geschäften) pro Besucher 20 Quadratmeter an Fläche zur Verfügung stehen müssen. Das sei völlig praxisfremd, empörten sich Experten im Theater- und Konzertbereich.

Laut Vizekanzler Kogler war das "mehr eine Gedankenübung", und werde "so nicht kommen". Um den Mindestabstand von einem Meter werde man aber nicht herumkommen. Es brauche "kreative Lösungen", und für Ideen sei man immer offen.

Ob es also auch für die Kultur eine "Ausnahmeregelung" bzw. einen "klassischen Kompromiss" wie jetzt in der Gastronomie gibt, bleibt damit offen.

"Beglückwünsche alle, die glauben, es besser zu wissen"

Wer den Grünen-Chef kennt, den dürfte der Auftritt im "Report" nicht überrascht haben: Unverblümt bis harsch, immer mit einer Prise Witz und einen großen Bogen um die eigentliche Frage spannend: So war der Steirer schon, da war von Corona oder Regierungsbeteiligung noch lange keine Rede.

Dazu passt auch, was Kogler am Ende den Kritikern ausrichtet: "Ich beglückwünsche alle, die glauben, es besser zu wissen."

Bevölkerung pflanzen, war "absolut nicht die Absicht"

Zum Wirbel um das Ausgangsverbot, das de facto nie eines war, äußerte sich in der "ZiB2" dann der grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober.

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Die Regierung habe nie behauptet, dass es ein Besuchsverbot gibt, es sei mehr eine Empfehlung bzw. eine Bitte gewesen, soziale Kontakte zu reduzieren, betonte Anschober.

Dennoch ist ein Großteil der Österreicher wochenlang davon ausgegangen, dass Besuche bei Freunden und Verwandten verboten sind. Ob er versteht, dass sich die Menschen in Österreich gepflanzt fühlen? "Das war absolut nicht die Absicht", meinte Anschober.

"Mit mir wird es keine privaten Kontrollen geben"

Der Opposition ist zudem etwas aufgefallen: Die Regierung empfiehlt der Bevölkerung, sich jetzt, da mit 1. Mai die Ausgangsbeschränkungen wegfallen, auch privat an Regeln wie den Mindestabstand zu halten. Im privaten Bereich gebe es aber "vorerst keine Kontrollen", heißt es. 

Vorerst?

Anschober betonte dazu: "Ich habe aus dem Ostererlass gelernt. Mit mir wird es derartige Kontrollen nicht geben." Und er geht davon aus, dass das auch der Innenminister so sieht.

Laut Oster-Erlass, der dann aber zurückgezogen wurde, hätte die Polizei kontrolliert, ob sich in einer Wohnung nicht mehr als die dort wohnenden Personen aufhalten. Zum Beispiel an den Osterfeiertagen.

Wegen Patzern wie diesen wirft die FPÖ dem grünen Minister vor, sein Amt rechtswidrig ausgeübt zu haben und will eine Ministeranklage einleiten.

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Anschober sieht das relativ gelassen. Ob die Verordnungen aus seinem Haus wirklich rechtswidrig seien, würden die Gerichte prüfen.

Wie gesagt: Es ist derzeit nicht besonders lustig, Entscheidungsträger der Republik zu sein.