Klimaschutz: Neos-Chefin will Gemeinden bei Raumordnung entmachten
Beate Meinl-Reisinger, Chefin der kleinsten Parlamentspartei, den Neos, war am Montagabend der erste Gast bei den traditionellen Sommergesprächen im ORF. Diese finden heuer "Auf der Libelle" am Dach des Leopold Museums in Wien statt.
Das dominierende Thema war die Klimakrise. Erst am Montag wurde bekannt, dass sich die Erde laut Weltklimarat IPCC offenbar schneller erwärmt als bisher befürchtet. Die Neos wollen bei der Bekämpfung der Klimakrise auf "Marktmechanismen" setzen, also Angebote für ein klimafreundlicheres Leben schaffen. Von Verboten hält die liberale Partei wenig.
Mit einem Vorstoß ließ die Neos-Chefin aufhorchen: Bürgermeister sollen entmachtet werden, was die Raumordnung betrifft. "Ich glaube, dass der Weg falsch ist, dass das jede Gemeinde machen darf", meinte sie. Stattdessen forderte sie ein Bundesrahmengesetz. Österreich sei "Weltmeister bei der Bodenversiegelung", Regenwasser könne daher immer schlechter im Boden versickern, was zu Hochwasserkatastrophen führt.
Dass der Weltklimarat IPCC mit dem ersten Teil des sechsten Sachstandsberichts erneut vor den verheerenden Auswirkungen eines ungebremsten Klimawandels gewarnt hat, begrüßte Meinl-Reisinger. Sie sei sehr froh, dass hier aufgerüttelt werde, denn hierzulande führe man eine "unsägliche ideologische Diskussion", ausgelöst vom "Steinzeit"-Sager von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
Es gehe vor allem im Verkehr darum, Kostenwahrheit herzustellen und "Umweltverschmutzung einen Preis zu geben". Das beinhalte auch das Ende des Dieselprivilegs. Ein Verbot von Kurzstreckenflügen findet die Neos-Chefin nicht notwendig, stattdessen müsse man der Bevölkerung bessere Angebote machen, etwa auf die Bahn umzusteigen.
Die Wiener Neos können sich laut Meinl-Reisinger eine Citymaut vorstellen, über die Evaluierung des umstrittenen Lobautunnels zeigte sie sich froh. Die SPÖ in Wien ist allerdings für den Lobautunnel. Das Thema liegt derzeit aber beim Bund - Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) lässt das Projekt evaluieren.
Kostenpflichtige Tests
Als liberale Partei stehen die Neos für ein eigenverantwortliches Leben, in das sich der Staat so wenig wie möglich einmischt. Bei der Impfung aber, so Meinl-Reisinger, gehe es "nicht nur um die eigene Freiheit", sondern gerade bei solchen hochansteckenden Krankheiten habe man auch eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Eine generelle Impfpflicht lehnt sie aber ab. Die Debatte sei emotionalisiert. Auch hier setzen die Neos lieber auf Angebote statt auf Zwang.
Allerdings: Im Gesundheitsbereich sei es etwas anders: "In dem Fall arbeiten Menschen sehr nahe an anderen Menschen - an kranken Menschen. Dort kann ich mir das vorstellen", sagte sie. Auf die Frage, ob es auch im Bildungsbereich eine Impfpflicht brauche, verweist sie auf Wien: Der pinke Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr hat verfügt, dass neu angestellte Kindergartenpädagogen geimpft sein müssen. Meinl-Reisinger kritisiert hier die Bundesregierung, die sich "abputzt" und diese Frage den Ländern überlässt. Es brauche eine österreichweite Lösung, keinen Fleckerlteppich.
Den Vorschlag, dass Zutrittstest für Gastronomie und Veranstaltungen für Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, kostenpflichtig werden, findet die Neos-Chefin gut. "Ich sehe eigentlich nicht ein, dass die Allgemeinheit dafür aufkommt, weil manche sich nicht impfen lassen wollen."
"Ich habe Lust darauf"
Und wie steht es um ihre Partei? Die Neos liegen in Umfragen zwischen 9 und 12 Prozent - das ist etwas höher als bei der Nationalratswahl 2019 mit 8,1 Prozent. Für Meinl-Reisinger ist das ein "riesiger Erfolg" - immerhin gibt es die Neos erst seit acht Jahren.
Ihr Ziel ist klar: "Wir haben einen Gestaltungsanspruch." Heißt das, dass sie - Meinl-Reisinger - auch ein Regierungsamt anstrebt? "Ich habe die Bereitschaft, den Willen - und, was gar nicht so unwesentlich ist - die Lust darauf", bekräftigte die Neos-Chefin.