Kurz will auch bei Anklage Kanzler bleiben
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will auch bei einer Anklageerhebung gegen ihn nicht zurücktreten. "Ja, selbstverständlich", antwortete Kurz in einem Interview mit Bild live auf die Frage, ob ein Angeklagter Bundeskanzler sein könne. Schließlich sei bei solchen Anklagen "nie etwas dran" gewesen und sie hätten sich "alle als falsch herausgestellt", argumentierte Kurz.
Er wisse, was er getan und nicht getan habe. "Ich habe definitiv immer vorsätzlich die Wahrheit gesagt", bekräftigte der ÖVP-Chef seine Verteidigungslinie. Auf die Frage, ob er mit 40 Jahren noch Kanzler sein werde, sagte der bald 35-Jährige: "Ich fühle mich derzeit sehr wohl in der Politik. Ich glaube, dass ich einen Beitrag leisten kann."
Wenig Infos über Privates
Zurückhaltend gab sich der werdende Vater auf Fragen nach seinem Privatleben. Er "freue" sich auf die Geburt seines Kindes, doch wolle er sein Privatleben weiterhin privat halten. Die Schwangerschaft seiner Freundin habe man bekannt gegeben, weil sie bereits "sichtbar" gewesen sei. "Das war es auch schon", so Kurz. Allerdings wollte er nicht ausschließen, dass er nach der Geburt Karenz nehmen werde. "Ich werde dieses Frage gerne beizeiten beantworten."
Das Interview wurde laut Bild bereits am Freitag in Österreich aufgezeichnet. Aus einer Aussage des Kanzlers konnte man schließen, dass es in Salzburg geführt wurde. Dort hätte Kurz am Sonntag anlässlich der Eröffnung der Salzburger Festspiele EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen treffen sollen, doch sagte er krankheitsbedingt ab und ließ sich von Außenminister Alexander Schallenberg und Karoline Edtstadler (beide ÖVP) vertreten.
"Werden sicherlich weiter nach Afghanistan abschieben"
In dem rund halbstündigen Interview nahm der Kanzler auch zu den Themen Migration, Corona und Klima Stellung. Von Bild unter anderem mit barbarischen Aussagen eines Taliban-Richters über die Steinigung von Homosexuellen konfrontiert, blieb Kurz bei seiner Haltung zum Thema Migration.
"Wir werden sicherlich weiter nach Afghanistan abschieben", betonte er. Flüchtlinge sollten in den Nachbarländern oder in anderen Teilen des Landes aufgenommen werden, die nicht unter Kontrolle der Taliban seien, so Kurz, der einräumte, sich "Sorgen" wegen des internationalen Truppenabzugs aus dem Land zu machen. Allerdings würden aus dem Land auch sehr viel an homophoben oder frauenfeindlichen Ansichten importiert, so Kurz, der in diesem Zusammenhang auch den Fall Leonie erwähnte.
Corona: Kurz verteidigt Kurs auf Eigenverantwortung
Beim Thema Corona verteidigte er ebenfalls seine Linie, auf Eigenverantwortung zu setzen und verwies auf die "extremen Kollateralschäden" durch die Restriktionen der vergangenen Monate. "Die Impfung ist 100 Mal besser als der Lockdown", so Kurz. Zugleich versicherte er: "Wenn es Probleme gibt, dann werden wir sofort darauf reagieren." Jenen Menschen, die sich nicht impfen wollen, müsse man "reinen Wein einschenken und sagen: Du wirst Dich früher oder später anstecken", sagte der Kanzler. Die Frage, ob er Menschen wieder die Hände schüttle, bejahte er.
Mit der schnellen Entwicklung der Coronaimpfung versuchte Kurz auch seinen Glauben an die Technologie im Kampf gegen den Klimawandel Glaubwürdigkeit zu verleihen."Ich bin der festen Überzeugung, dass die Menschheit zu Unfassbarem imstande ist, wenn sie will", verwies er etwa auch auf die Entwicklungen in den Bereichen Solarzellen oder Elektromobilität. Statt die Menschen bei 16 Grad im Winter in ihren Wohnungen "frieren" zu lassen, solle man lieber auf eine "bessere Isolierung" setzen. Zudem brauche man in ländlichen Gebieten das Auto. "Das wird anders nie möglich sein", sagte Kurz. "Ich glaube nicht, dass Klimaschutz durch Verzicht funktioniert", bekräftigte der Kanzler seinen Kurs.