Politik/Inland

Bei Tiroler Gemeinderatswahlen blieb das große MFG-Beben aus

505.752 Tiroler waren am Sonntag aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. In 273 Orten und Städten wurden neue Gemeinderäte und Bürgermeister gewählt – ohne Innsbruck und drei weitere Gemeinden.

Für die Tiroler Volkspartei von Günther Platter ging es darum, ihre Dominanz auf der kommunalen Ebene zu bewahren. Die VP rechnete sich vor der Wahl 232 Bürgermeister zu und wollte diese Zahl halten.

Platter zeigte sich bei der Stimmabgabe in seiner Heimatgemeinde Zams am Sonntagnachmittag zwar „sehr zuversichtlich“, dass dieses Ziel erreicht werde. Die Turbulenzen der vergangenen Wochen in der eigenen Bundespartei, aber auch die Gefahr einer möglichen Entladung von Corona-Frust auf kommunaler Ebene ließ das Parteimanagement allerdings durchaus mit Sorgenfalten in diesen Wahlgang gehen.

Die große Unbekannte bei diesen Wahlen war die impfkritische MFG (Menschen, Freiheit, Grundrechte), die erstmals antrat. Und das gleich in 50 Gemeinden. Das ganz große MFG-Beben blieb aber aus.

Keine großen Umbrüche

Die neue Partei schaffte zwar fast überall, wo sie am Stimmzettel stand, den Einzug in den Gemeinderat. Die Zahl der errungenen Mandate hielt sich jedoch in Grenzen – bei Prozentwerten von um die 7 bis über 25 Prozent. Diese sind im Lichte dessen, dass sich die Zahl der Wahlvorschläge von Ort zu Ort stark unterscheidet, mit Vorsicht zu genießen.

Das Waidhofen-Gespenst suchte die Volkspartei in Tirol nicht heim. Anders als in der niederösterreichischen Gemeinde gab es für die Schwarzen keinen Absturz, der sich in einem nahezu deckungsgleichen Höhenflug der MFG widerspiegelte.

Mit Hinblick auf die Landtagswahlen in einem Jahr müssen Platter und den Seinen aber einmal mehr die schlechten Ergebnisse in urbanen und damit einwohnerstarken Ecken des Landes zu denken geben.

Ein echtes Erfolgserlebnis war diesbezüglich eigentlich nur in Wörgl zu verzeichnen. In der Stadt mit ihren rund 14.000 Einwohnern legte die ÖVP um fast 25 Prozent zu und verdrängte mit 37,9 Prozent der Stimmen die SPÖ von Bürgermeisterin Hedi Wechner, die halbiert wurde, von Platz eins. Die Amtsträgerin schaffte es mit Ach und Krach in die Stichwahl gegen VP-Herausforderer Michael Riedhart.

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Ansonsten sieht es für die Schwarzen und ihr nahen Listen und Bürgermeister allerdings finster aus. In Kufstein, Tirols zweitgrößter Stadt (rund 19.500 Einwohner), verlor die Liste des parteifreien Amtsinhabers Martin Krumschnabel kräftig, bleibt aber mit 30,59 Prozent mit Abstand die stärkste Kraft im Gemeinderat. Die zerstrittene ÖVP trat mit zwei Listen an, die gemeinsam gerade einmal auf rund 14 Prozent kamen – symptomatisch für die VP-Schwäche in urbanen Gebieten, die sich auch andernorts fortsetzte:

In der Bezirkshauptstadt Imst im Tiroler Oberland mit rund 10.000 Einwohnern stürzte die VP unter Bürgermeister Stefan Weirather um gut 10 Prozentpunkte auf 25,39 Prozent ab. Auf Platz zwei in dem auf neun Listen zersplitterten Gemeinderat kam eine Gruppe junger Parteiloser: „Inser Darhuam“ holte 20,52 Prozent der Stimmen. Um das Bürgermeisteramt zu verteidigen, muss Weirather in zwei Wochen in eine Stichwahl. Im ersten Wahlgang hatte er sechs Herausforderer und kam weit vor allen auf rund 45 Prozent.

Absolute verloren

In der Bezirkshauptstadt Kitzbühel wurde VP-Bürgermeister Klaus Winkler im Amt bestätigt. Der Verlust von einem Mandat für seine Liste geht aber einher mit dem Verlust der absoluten Mehrheit – ein erklärtes Ziel der Opposition ist damit erreicht.

Ausgerechnet in seiner Heimatgemeinde traf Landeshauptmann Günther Platter ein symbolträchtiger Nadelstich: In Zams eroberte der SPÖ-Kandidat Benedikt Lentsch im Duell mit dem jungen VP-Amtsinhaber Dominik Traxl das Bürgermeisteramt.

In Hall (über 14.000 Einwohner) fuhr die ÖVP mit Quereinsteiger Werner Hackl eine herbe Niederlage ein. Er holte nur 28,4 Prozent (minus 9,3 Prozentpunkte). Eine Stichwahl wird entscheiden, ob er Bürgermeister wird – in einer Stadt, die seit 1945 durchgehend schwarz regiert wurde.

Kein Comeback gibt es für die ÖVP auch in ihrer einstigen Hochburg Lienz. Elisabeth Blanik hielt für die SPÖ das Bürgermeisteramt und – trotz Minus – Platz eins. Die ÖVP verlor einmal mehr Stimmen.

In Schwaz wackelt wiederum der Bürgermeistersessel von VP-Urgestein Hans Lintner. Er muss in zwei Wochen gegen SPÖ-Herausforderin Victoria Weber in die Stichwahl, die mit einem Sieg die rote Scharte in Wörgl auswetzen könnte. Das satte Plus ihrer Liste kann ihr aber keiner mehr nehmen.