Rauchverbot kommt doch: FPÖ tobt über "totalen Irrsinn" der ÖVP
Nachdem sich das Thema im Verlauf der letzten Tage zunehmend aufgebaut hatte, schwenkte die ÖVP nun final um und gab bekannt, den Weg zu einem Gastronomie-Rauchverbot freimachen zu wollen.
Das gab der türkise Klubobmann im Parlament, August Wöginger, am Donnerstag per Aussendung bekannt.
Erst sind die Verfassungsrichter am Zug
Vorerst wird jedoch abgewartet, wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entscheidet. Die Höchstrichter werden in ihrer am 11. Juni beginnenden nächsten Session über Klagen gegen das Kippen des bereits beschlossenen Rauchverbots von der türkis-blauen Bundesregierung beraten.
Die Stadt Wien, zwei Gastronomiebetriebe und eine jugendliche Nichtraucherin haben sich in der Sache an das Höchstgericht gewandt. Der VfGH hatte die Beratungen bereits Anfang Dezember aufgenommen, dann erst auf März und dann noch einmal auf Juni vertagt.
Sollte nicht bereits der VfGH das Rauchverbot erzwingen, werde die ÖVP im Parlament einem entsprechenden Antrag zustimmen, kündigte Wöginger an.
"Wenn das Gesetz gekippt wird, dann ist die weitere Vorgangsweise klar. Dann kommt das Rauchverbot", so der Klubchef. Und weiter: "Sollte der VfGH die derzeitige Regelung nicht aufheben, dann würden wir einem Antrag für das Rauchverbot die Zustimmung geben. Das ist die Linie der Neuen Volkspartei.“
Beschluss noch im Juli möglich
Ein solcher Antrag der SPÖ ist fix fertig und wird nächste Woche im Nationalrat eingebracht. Geht es nach Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, könnte der Antrag bereits am 26. Juni im Gesundheitsausschuss behandelt und noch im Juli im Plenum beschlossen werden. Am Donnerstag freute sich die Medizinerin entsprechend darüber, dass die ÖVP "zur Vernunft gekommen zu sein" scheint.
"Nach monatelangem Druck der Zivilgesellschaft, der SPÖ und den anderen Oppositionsparteien hat die Kurz-Partei zu guter Letzt eingelenkt und will sich nicht mehr gegen den längst überfälligen NichtraucherInnenschutz stemmen. Nun gilt es, den Worten auch Taten folgen zu lassen und die rauchfreie Gastronomie so rasch wie möglich umzusetzen", forderte Rendi-Wagner. Geht es nach dem SPÖ-Antrag, soll das Rauchverbot bereits am 1. September 2019 in Kraft treten.
Gegen eine "unvermittelte Aufhebung von rechtsgültigen Gesetzesbeschlüssen“ sprach sich hingegen Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), aus. Am Wichtigsten für die Branche sei "Rechts- und Planungssicherheit". Eine umgehende Aufhebung der bestehenden Regelung bewirke das Gegenteil und verursache Kosten, die sich viele Betriebe nicht mehr leisten könnten.
Der KURIER berichtete bereits in der Dienstag-Ausgabe, dass die Türkisen sich langsam für ein generelles Rauchverbot erwärmen. Noch am Sonntag hatte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer in der ORF-Sendung "Im Zentrum" gesagt, es werde keine Zustimmung zum Nichtraucherschutz geben, solange im Parlament kein Verfassungsgesetz "gegen Wahlzuckerln" beschlossen werde.
Keine weiteren Rückzieher
Seitdem kam es doch zum Sinneswandel in der Volkspartei. Damit soll es sich aber haben: "Weitere Beschlüsse, die wir gefasst haben, werden wir nicht zurücknehmen“, sagte Wöginger.
Bei Ärztekammer und Krebshilfe, den Initiatoren des "Don't smoke"-Volksbegehrens für ein Gastronomie-Rauchverbot, das von beinahe 900.000 Menschen unterschrieben wurde, freut man sich erwartungsgemäß über die Entscheidung - und fordert die rasche Umsetzung der Ankündigung: "Jeder Tag der Verzögerung geht zulasten der Gesundheit der Bevölkerung“.
Eine rasche Neuregelung fordert auch der oberösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer: "Ein weiteres langes Hin und Her ist auch für die Gastronomie nicht zumutbar. Die Gastronomen verlangen zu Recht verlässliche Rahmenbedingungen", sagte Stelzer, der sich generell über die Entscheidung erleichtert gab und die Abkehr vom Rauchverbot als "gesundheitspolitische Fehlentscheidung" bezeichnete.
Neos und Grüne kritisieren spätes Umschwenken
Freude über die, wenn auch späte, Zustimmung der Türkisen zum Rauchverbot äußerten auch Neos und Grüne. Grundsätzlich sei der Schwenk der ÖVP erfreulich, das taktische Zuwarten bis zum Vorliegen des VfGH-Erkenntnisses aber unverständlich. Dieses Verhalten, "um sich vielleicht aus der Verantwortung stehlen zu können, ist einer ernsthaften Partei unwürdig“, kommentierte Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker.
"Besser ein später Schwenk als gar keiner“, kommentierte auch die Grüne Bundesrätin Ewa Dziedzic. Glaubwürdigkeit sehe aber anders aus, gab sie per Aussendung zu bedenken: "Dass erst das Platzen der türkis-blauen Koalition und die Abwahl der Regierung Kurz die ÖVP dazu bringt umzuschwenken, spricht leider Bände. Die Interessen und der Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer und der Bevölkerung kommen bei den Türkisen erst ganz am Schluss.“
Die einzige Partei, die sich nicht über den nunmehr freien Weg zu einem Rauchverbot in der Gastronomie freut, ist unterdessen die FPÖ. Die Freiheitlichen hatten ja bekanntlich das Aus für das zuvor von der Großen Koalition beschlossene Rauchverbot ins türkis-blaue Regierungsprogramm reklamiert: "Die ÖVP verpasst unseren heimischen Wirten definitiv den Todesstoß und treibt bei vollem Bewusstsein, mit aller Gewalt, das katastrophale Wirtesterben voran“, klagt der geschäftsführende niederösterreichische Landesparteiobmann Udo Landbauer. Und weiter: "Was die ÖVP hier abzieht, ist totaler Irrsinn.“
FPÖ: "Kein ungefährlicher Weg"
Verärgert ist auch der burgenländische FPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Johann Tschürtz. "Ich finde, der Schaden, den die ÖVP durch den Bruch der Koalition angerichtet hat, ist schon groß genug. Wenn man nach bedenklichen Kursänderungen im Innenministerium jetzt auch noch gemeinsame Gesetzesbeschlüsse infrage stellt, ist das kein ungefährlicher Weg“, stellte Tschürtz in einer Aussendung fest. Er verlangte eine Volksabstimmung zum Rauchverbot.
Gar einen "türkisen Anschlag auf die Gastronomie“ ortet der Obmann der Freiheitlichen Wirtschaft Wien, Karl Baron. Er befürchtet für die Gastronomen "einen hohen finanziellen Schaden, der von niemandem ersetzt wird“ und in weiterer Folge ein Wirtshaussterben. Baron forderte in einer Aussendung die Wirtschaftskammer dazu auf , "ihren Machteinfluss innerhalb der ÖVP geltend zu machen, um diesen Wahnsinn zu stoppen“.