Karfreitag: "Regierung hat schlechteste Variante ausgesucht"
Die Bundesregierung hat am Dienstag eine Lösung für den zuletzt heiß diskutierten Karfreitag präsentiert. Ein "persönlicher Feiertag" statt einer halben Lösung soll es nun werden. Schon heute dürfte die neue Regelung im Parlament beschlossen werden. Die Opposition tobt, die Arbeitnehmervertreter kritisieren die Entscheidung.
Ein nicht unerwartetes Geplänkel zur Karfreitags-Nseuregelung hat Mittwochvormittag im Nationalrat stattgefunden. Die SPÖ empörte sich darüber, dass der entsprechende Gesetzesantrag zu spät eingetroffen sei. ÖVP und FPÖ verwiesen auf die Gespräche mit den Religionsgemeinschaften, wegen derer es länger gedauert habe. Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried entrüstete sich darüber, dass der Gesetzesantrag gerade einmal wenige Minuten vor Mitternacht eingetroffen sei und damit später als von der Koalition zugesagt, unzumutbar, wie er meint. FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz antwortete sinngemäß, dass das Lesen von vier Seiten bis zur Behandlung des Antrags, die heute Nachmittag beginnen wird, wohl zumutbar sei.
Eingriff in Kollektivvertrag umstritten
Die Koalition hat ihren Antrag eingebracht. Wie von der Regierung angekündigt, wird damit nicht nur das Arbeitsruhegesetz geändert. Auch die zwischen Gewerkschaft und Wirtschaftskammer verhandelten Sonderregelungen zum Karfreitag in Kollektivverträgen sollen gestrichen werden. Ob dies rechtlich zulässig ist, ist umstritten. Der Arbeitsrechtler Franz Marhold von der Wiener Wirtschaftsuniversität hält es für unzulässig. Marhold verweist im APA-Interview darauf, dass sowohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei und Deutschland für ähnliche Pläne verurteilt haben.
Die Regierung begründet den Eingriff in die Kollektivverträge damit, dass der Europäische Gerichtshof die Bevorzugung von Protestanten im Feiertagsgesetz für unzulässig erklärt hat. Damit müsse nicht nur das Feiertagsgesetz geändert werden, sondern auch ähnliche Regeln in den Kollektivverträgen.
"Eine Verhöhnung der Arbeitnehmer"
Das sieht Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl ganz anders: "Im Moment ist die Situation, dass es mit dieser Entscheidung eine Verhöhnung für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gibt. Es wird vielen Beschäftigten etwas weggenommen", sagte sie am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal: "Von all den Möglichkeiten, die im Raum gestanden sind, hat sich die Bundesregierung eindeutig die schlechteste ausgesucht, um eine Diskriminierung zu beseitigen."
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) haben die neue Lösung für den Karfreitag am Mittwoch verteidigt. Im Pressefoyer nach dem Ministerrat betonten beide, dass keiner der 13 Feiertage in Österreich gestrichen wird und dafür wolle man auch das Bewusstsein schärfen. Für 96 Prozent der Österreicher ändert sich nichts, so Kurz. Die einzige Veränderung gebe es für die Protestanten. Dies lasse sich begründen, denn es sei nicht fair, dass eine Gruppe mehr Feiertage habe als andere. Das EuGH-Urteil hätte ihren Feiertag für alle Österreicher geöffnet.
Jom Kippur anders geregelt
Für Jom Kippur gebe es keinen gesetzlichen Feiertag, dieser sei im Kollektivvertrag geregelt, so Kurz auf diesen angesprochen. Hätte man die Zahl der Feiertage ausgeweitet, wäre es naheliegend gewesen, dass auch dann alle frei haben wollen, meinte der ÖVP-Obmann weiter. Jom Kippur sei auch kein Thema des EuGH-Urteils gewesen, über den Ausgang einer etwaigen Klage diesbezüglich wollte er nicht spekulieren. Angesprochen darauf, dass im Öffentlichen Dienst am Karfreitag frei sei, verwies Kurz auch auf unterschiedliche Regelungen in unterschiedlichen Sparten der Wirtschaft. Selbst im Öffentlichen Dienst seien die Regelungen sehr divers, nannte er etwa Lehrer und die Polizei als Beispiel.
Auch Strache erklärte, es werde keiner der 13 Feiertage gestrichen. Der FPÖ-Chef ätzte hier gegen die Arbeiterkammer, die einen Atheisten mit seiner Klage unterstützt habe, "weil man das den Protestanten kollektivvertraglich neidig war". Aufgrund des EuGH-Urteils musste man die Regelung nun entsprechend bereinigen. Mit der "Aufwertung" eines Urlaubstages als einseitiges Recht für Arbeitnehmer können sich nun Protestanten etwa am Karfreitag freinehmen. Aber auch Atheisten oder Anhänger von Religionsgemeinschaften "querbeet" könnten sich einen persönlichen Feiertag oder Familientag nehmen, so Strache weiter. Die Debatte sei damit "positiv gelöst", man habe sowohl eine Diskriminierung als auch einen 14. Feiertag im Land verhindert.
Blümel: "Musste ein Kompromiss sein"
Bundesminister Gernot Blümel (ÖVP) verteidigt den Schritt der Regierung: "Die Regelung, die noch letzte Woche in der Debatte war, hat auch die Kritik der Religionsgemeinschaften gefunden. Daran haben wir uns orientiert und versucht, diese zu entkräften. Mit dieser Lösung ist uns das auch gelungen." Auf Grundlage des EUGH-Urteils sei klar gewesen, dass es "am Ende des Tages ein Kompromiss sein musste."
Wie die neue Regelung nun aber im Detail tatsächlich aussieht, ist noch offen. "Die konkreten gesetzlichen Regelungen werden zur Stunde noch im Detail ausgearbeitet", so Blümel. Die Kritik der Opposition und des ÖGB weist er zurück: "Ich habe den Eindruck, dass es egal gewesen wäre, welche Lösung wir vorgelegt hätten, sie wäre ohnehin von der Opposition kritisiert worden. Wir haben mit den betroffenen Religionsgemeinschaften das Gespräch gesucht und ich bin froh, dass für die der Kompromiss jetzt passt."
Anderl kritisiert den "neuen Stil" der Regierung
Renate Anderl geht zwar davon aus, dass es bereits einen Gesetzestext zur neuen Karfreitags-Regelung gibt, kennen würde sie ihn aber nicht. Die erneute Nicht-Einbindung der Sozialpartner goutiert die AK-Präsidentin jedenfalls nicht: "Wir haben einen neuen Stil der Bundesregierung, der uns als Interessensvertretung absolut nicht gefällt. Es ist auch kein Stil, der zukünftig für Frieden und soziale Gerechtigkeit sorgt, wie wir das kennen."
Sie sieht in diesem "neuen Stil" sowie dem Eingreifen in bestehende Kollektivverträge zudem eine "Abkehr vom Ausgleich der Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Das hat es so in der Zweiten Republik noch nie gegeben."
"Gut für den Wirtschaftsstandort"
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck verteidigte am Mittwoch vor dem Ministerrat die Feiertags-Lösung der Regierung. Bisher sei der Karfreitag für 96 Prozent der Österreicher kein Feiertag gewesen. "Jetzt ist es für alle gleich."
Aus Sicht der Ministerin ist die Einigung, statt des Karfreitags einen "persönlichen Feiertag" aus dem bestehenden Urlaubskontingent zu ermöglichen, eine "solide Lösung und gut für den Wirtschaftsstandort".