Klimaaktivist relativiert Holocaust: "Nur ein weiterer Scheiß"
Von Michael Hammerl
Die Klimaaktivisten von „Extincion Rebellion“ waren in den vergangenen Monaten regelmäßig in den Schlagzeilen – und wurden in der Szene weitgehend positiv aufgenommen. So sagte etwa Carola Rackete Anfang November in einem Interview mit der Zeit: „Mir gefällt, dass Extinction Rebellion keine reine Klimabewegung ist und andere ökologische Aspekte wie das Artensterben mit einbezieht. Das zieht viele Naturschützer und Ökologinnen an.“
Einer der bekanntesten Vertreter von Extincion Rebbellion ist der ehemalige Biobauer und Mitgründer Roger Hallam. Der Brite sagte schon einmal gegenüber der Zeit, dass auch jene bei der Bewegung mitmachen dürfen, die „ein bisschen sexistisch und rassistisch“ denken.
Diese Zielgruppe dürfte Hallam nun in einem weiteren Interview mit der Zeit recht exklusiv bedient haben. Der 52-Jährige ließ sich zu teils unfassbaren Zitaten hinreißen. Einerseits vertrete er die Meinung, dass die deutsche Haltung zum Holocaust „schädlich“ sei. Die Deutschen seien noch immer gelähmt, es sei ein Fehler, dass sie den Holocaust für einzigartig halten: „Das verhindert, dass man daraus lernt“, meint Hallam.
"Das ist ein fast normales Ereignis"
Er fordert im Interview mit der Zeit, den Holocaust in einem stärkeren historischen Kontext zu sehen und relativiert ihn offen: „Tatsache ist, dass in unserer Geschichte Millionen von Menschen unter schlimmen Umständen regelmäßig umgebracht worden sind.“
Genozide habe es immer wieder gegeben in den vergangenen 500 Jahren, so Hallam: „Um ehrlich zu sein, könnte man sagen: Das ist ein fast normales Ereignis.“ Der Holocaust – und hier wird Hallam besonders deutlich – sei doch auch „nur ein weiterer Scheiß in der Menschheitsgeschichte“.
Ziel: Politische Krise herbeiführen
Die Bewegung mit britischen Wurzeln setzt bei ihren Protesten auf radikalen Ungehorsam. Sie blockierte etwa die Zweier-Linie vor dem Wiener Museumsquartier oder ein Privatjet-Terminal in Genf. Fielen diese Demonstrationen noch gewaltfrei aus, wurden zuletzt zunehmend Demo-Teilnehmer wegen Gewalt oder Drohung gegen Polizeibeamten verurteilt.
Als Demonstranten am 17. November 2018 mit 6000 Demonstranten die wichtigsten Brücke der Themse in London blockierten, war auch Klima-Ikone Greta Thunberg vor Ort. Worin unterscheiden sich die Fridays-for-Futre-Bewegung und Extinction Rebellion (XR) überhaupt? Für XR-Anhänger sei es selbstverständlich, für Aktionen inhaftiert zu werden - in der Tradition von Mahatma Ghandi, heißt es.
Tatsächlich gibt es bei den Protesten regelmäßig Festnahmen. Die Massenverhaftungen sollen "möglichst viel mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen – und eine politische Krise herbeiführen", argumentiert Hallam. Laut XR kann das Klima nur gerettet werden, wenn die repräsentative Demokratie durch eine partizipatorischere Form der Demokratie überwunden wird.
Reichlich Aufmerksamkeit dürfte Hallam nach seinen Holocaust-Sagern nun endgültig sicher sein.
Österreichischer Aktvisit distanziert sich
Paul Sajovitz gehört zu den bekanntesten XR-Vertretern in Österreich. Gegenüber dem KURIER meint Sajovitz, dass Hallam eine Einzelperson und damit nicht repräsentativ "für eine globale Umwelt-Bewegung" sei: "Hallam ist intern starker Kritik ausgesetzt. Dadurch, dass er eine prominente Figur von Extinction Rebellion ist und enorm polemische Aussagen tätigt, beschädigt er unsere gute Reputation."
Angesprochen auf Hallams Holocaust-Relativierung distanziert sich Sajovitz klar: "Wir lehnen es strikt ab, wenn jemand in irgendeiner Art und Weise den Holocaust relativiert."
Deutscher Ableger kritisiert Hallam scharf
Extinction Rebellion ist mittlerweile mit über 300 Ortsgruppen in 49 Ländern tätig. Das Presseteam von "Extinction Rebellion Deutschland" hat zu Hallams Äußerungen am Mittwoch Stellung bezogen. Man distanziere sich "entschieden von Roger Hallams verharmlosendenund relativierenden Äußerungen zum Holocaust. Seine Aussage ist in Diktion wie Inhalt für XR Deutschland nicht tragbar, er ist kein Sprecher für XR Deutschland und hat sich in keiner Weise mituns abgesprochen. Dies gilt ebenso für Hallams Aussagen zur Demokratie, zu Sexismus und Rassismus", heißt es in einer Aussendung.
Der deutsche Ableger wolle klare Grenzen ziehen: Gründsätzlich sei jeder bei XR bekommen, es sei denn besagte Person sei etwa rassistisch, antisemitisch, sexistisch, islamophob, homophob oder behindertenfeindlich. Das "akzeptieren wir weder persönlich noch online", heißt es.