Politik/Ausland

Anti-Rassismus: US-Proteste schwappen nach Europa über

Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Protestwelle gegen die Vorgangsweise der Polizei gegenüber jungen Afroamerikanern aus den USA auf Frankreich überschwappt und sich mit örtlichen Vorfällen verknüpft. Am Dienstag war es soweit: Trotz des Verbots der Behörden, die sich auf Beschränkungen wegen des Coronavirus beriefen, versammelten sich in Paris 20.000 Demonstranten. In Provinzstädten beteiligten sich ebenfalls mehrere Tausend an Protestmärschen.

Starke Parallele zu US-Fall

Die Kundgebung in Paris fand vor dem Obersten Gerichtshof statt. Anlass war ein zum Verwechseln ähnlicher Fall wie in Minneapolis: In der Kleinstadt Beaumont, nördlich von Paris, hatten Gendarmen nach einem Verdächtigen in einer Erpressungsaffäre gefahndet und waren auf den Bruder des Gesuchten, den 24-jährigen Adams Traoré, gestoßen. Der Sohn einer afrikanischen Familie flüchtete. Die Beamten holten ihn ein und knieten zu dritt auf ihm. Seine Atembeschwerden wurden als Täuschungsmanöver abgetan, bis er starb.

Wider die Straflosigkeit

Der Fall ereignete sich bereits 2016, die Behörden versuchten, das Geschehen zu vertuschen. Aber eine Schwester des Verstorbenen, Assam Traoré, ließ nicht locker und organisierte eine wachsende Bewegung für einen Prozess gegen die Beamten. Wie bei ähnlichen Fällen in den USA legten die Behörden Befunde vor, wonach Adams Traoré an Vorerkrankungen gestorben sei. Prominente Mediziner widersprachen.

„Egal welche Hautfarbe oder Religion wir haben, wir können angesichts der Straflosigkeit für Polizisten nicht wegschauen“, sagte Assam Traoré bei der Kundgebung, an der viele junge Frauen aus den Vororten teilnahmen. Demonstranten riefen: „Von Minneapolis bis Beaumont, wir bekommen keine Luft“.

Jugendliche aus arabischen, afrikanischen und karibischen Familien klagen darüber, dass sie immer wieder von Polizisten, auch solchen, die sie persönlich kennen, für Ausweiskontrollen angehalten, verächtlich behandelt und auch manchmal misshandelt werden. Vor allem aber geht aus Berichten von Menschenrechtsorganisationen hervor, dass jährlich annähernd zehn Personen unter Polizei-Einwirkung sterben, ohne dass eine Notlage vorliegen würde. Die Aufklärung der Fälle versandet meistens, nicht zuletzt, weil die Überwachungsinstanz der Polizisten selber zur Polizei gehört.

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Polizei-Übergriffe richten sich keinesfalls nur gegen Angehörige von Minderheiten, aber in Einwanderer-Vierteln ist die Situation besonders verfahren. Vor einer Woche wurde ein schmächtiger 14-Jähriger bei einem Moped-Diebstahl überrascht und von einem Polizisten mit Fußtritten ins Gesicht derartig traktiert, dass er ein Auge zu verlieren droht.

Jugend attackiert Polizei

Allerdings attackierten zuletzt auch immer wieder Jugendliche mit Feuerwerksraketen Polizisten und sogar die Feuerwehr. Während der Corona-Quarantäne klagten Vorstädter über nächtliche Motorrad-Rodeos und forderten das Einschreiten der Behörden. Aber nachdem zuletzt zwei Jugendliche bei solchen Rodeos verunglückten, brachen unverzüglich Unruhen aus. Die Beteiligten behaupteten, die Polizei habe die Motorrad-Akrobaten absichtlich zu Fall gebracht. Bei einem der beiden Unglücke war ein Polizeiwagen zur Stelle, aber im zweiten Fall war nachweislich keine Polizei zugegen.

Demo in Wien

„Wir sehen, dass Polizeigewalt, Rassismus und Racial Profiling auch in Österreich an der Tagesordnung stehen.“ Das schrieb die  SPÖ-Politikerin Mireille Ngosso, 40,  auf Facebook – und rief für heute, Donnerstag, zu einer Kundgebung auf dem Wiener Platz der Menschenrechte auf. Zwischen 17 und 20 Uhr soll im Bereich Museumsplatz und Mariahilfer Straße gegen rassistisch motivierte Gewalt und  Politik protestiert werden.  Wie viele Teilnehmer erwartet werden, war zunächst  unklar.  Die gebürtige Kongolesin  Ngosso ist Vize-Bezirksvorsteherin im ersten Bezirk.