Meinung/Mein Tag

Gesperrter Ausgang und geschlürfte Austern

Ausgang. Es war ein seltsamer Anblick, den der Karlsplatz Donnerstagmittag bot.

24 Grad, Sonne – und kaum Menschen. Unter normalen Umständen wäre das unvorstellbar. Die ersten säßen schon auf dem Asphalt vor dem Teich. Aber die Umstände sind seit einem Jahr nicht mehr „normal“. Seit gestern noch weniger. An belebten Plätzen gilt – vorerst bis 10. April – FFP2-Maskenpflicht.

Als „belebt“ definiert hat die Stadt (abgesehen vom Karlsplatz) den Stephansplatz, den Schwedenplatz, den Maria-Theresien-Platz und den Donaukanal.

Fällt Ihnen etwas auf?

Das sind vorwiegend jene Plätze, an denen sich junge Menschen aufhalten. Der Donaukanal sorgte schon nach dem ersten Lockdown für Schnappatmung bei manchen Erwachsenen. Unverantwortlich sei es, was die Jugend hier mache.

Austern. Als der Bürgermeister vorige Woche Verschärfungen ankündigte, sagte er: „Es würde niemand verstehen, wenn es einerseits zu solchen Ansammlungen kommt, wo es anderseits nicht möglich ist, dass sich Familien treffen.“

Da hat er recht, der Herr Bürgermeister.

Man darf die Menschen ruhig wachrütteln, was die Gefahr des Coronavirus betrifft.

Man darf aber auch fragen, wie diese Auswahl an „belebten Plätzen“ zustande kam. Maskenpflicht und Kontrollen am Stephansplatz, am Graben aber nicht? Am Karlsplatz, aber am Reumannplatz nicht?

Vielleicht wollte man die Menschen dort nicht vor den Kopf stoßen, die meist nicht in großen Wohnungen mit riesigen Terrassen leben und Aufenthaltsmöglichkeiten draußen gut gebrauchen können. Das ist nachvollziehbar. Aus demselben Grund sitzen auch viele Junge draußen. 

Und während die von ihren Plätzen vertrieben werden, schlürfen gut betuchte Erwachsene am Graben weiter ihre Austern vom Schwarzen Kameel.

Aber der Graben, der ist halt nicht der Stephansplatz.