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Buwog-Prozess: Fatal, wenn der Staat zum Spitzel wird

Was ein paar dubiose Ibiza-Lockvögel können, das kann die heimische Justiz schon lange. Sie hat im Buwog-Prozess rund um Karl-Heinz Grasser insgesamt 169 Stunden an Video- und Tonmaterial gesammelt. Ein nicht unbeträchtlicher Teil davon ist wohl heimlich und illegal zustande gekommen, wie sich nun herausstellt.

Denn die Kameras liefen nicht nur – wie bei derart komplexen Monsterprozessen üblich - während der Hauptverhandlung. Sondern auch vor der Verhandlung, in den Pausen und danach.

Aus mehreren Kameraperspektiven wurden da gut hörbar die Angeklagten und ihre Anwälte, aber auch Prozessbesucher aufgenommen. Ohne ihr Wissen.

Der staatliche Bespitzelungsversuch ist in gleich mehrerlei Hinsicht fatal.

Zum einen ist er grob gesetzeswidrig. Die heimlichen Aufnahmen verstoßen gegen das Grundrecht auf Verteidigung. Gespräche zwischen Anwälten und ihren Mandanten sind vertraulich und fallen unter die Verschwiegenheit.

Mehr als ein Lapsus

Das lernt man nicht nur in jedem mittelmäßigen Justiz-Thriller, sondern steht so auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Es ist mehr als ein Lapsus, den sich die Justiz damit geleistet hat.

Zum anderen sind die Videoaufnahmen dazu angetan, das fragile Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz zu beschädigen. Wieder einmal, möchte man sagen. Das rufschädigende Hickhack zwischen den Korruptionsjägern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und dem mächtigen Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek beschäftigt regelmäßig die Öffentlichkeit.

Angeklagte in der Opferrolle

Geheime Absprachen, Beeinflussung, gegenseitiges Anpatzen – all das macht keinen schlanken Fuß und hat den Beigeschmack von Polit-Justiz. (Auch hier waren übrigens heimliche Tonaufnahmen im Spiel. Erleben wir hier eine neue österreichische Tradition?)

Nicht zuletzt verhilft die Aktion den Angeklagten in der Buwog-Causa auf skurrile Weise in eine Opferrolle. (Wie das geht, führt Heinz-Christian Strache in der Ibiza-Affäre seit einem Jahr vor.)

Des Eindrucks, dass man Karl-Heinz Grasser und den anderen Angeklagten keinen fairen Prozess zugestehen will, kann man sich mittlerweile kaum noch erwehren. Schon bisher stand das Verfahren wegen seiner überlangen Dauer in der Kritik.

A propos Verfahrensdauer: Wenn sich herausstellen sollte, dass die Richterin und ihr Schöffensenat befangen sind, wird uns die Buwog-Causa noch wesentlich länger beschäftigen als befürchtet. Spätestens dann hätte die Justiz ihren nächsten handfesten Skandal.