Meinung

Der Staat hat versagt

Im Kampf gegen das Coronavirus schlägt in Europa die Stunde des Staates. Nur er, so verkünden es Ideologen aller Couleur dieser Tage, könne die zweitgrößte Wirtschaftskrise der Neuzeit (nach 1929) wirksam bekämpfen.

Selbst kühle Köpfe fordern umfassende Staatsfinanzierungen sowie die Verstaatlichungen wichtiger Wirtschaftszweige. Und natürlich: Geld für alle!

Im Namen des Etatismus ist auch rasch ein Feind ausgemacht: der Liberalismus. Und die damit verbundene Globalisierung.

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Die Pandemie wäre vielleicht nie ausgebrochen, wenn unsere Welt doch nur ein wenig mehr in sich gekehrter, bescheidener und überhaupt netter wäre.

Und würden wir in idyllischer Heimarbeit Atemschutzmasken selbst herstellen, wären wir nicht von kapitalistischem Teufelszeug wie Lieferketten abhängig.

Nun: Große Emotionen erzeugen oft große Ideen. Vernünftig sind sie deshalb nicht immer.

Völlig unvorbereitet

So mag sich wohl niemand dieser Tage einen real existierenden Kapitalismus vorstellen, bei dem sich am Ende dann nur begüterte Personen einen Impfstoff leisten könnten.

Doch blendet die aktuelle Debatte völlig die Ursache dieser Krise aus: das komplette Versagen des Staates.

Man war völlig unvorbereitet. Keine Pläne für Katastropheneinsätze, keine Schutzmaßnahmen, keine Schutzkleidung, keine gesundheitsstrategische Vorsorge.

Venedig war im Mittelalter (da gab es die Globalisierung übrigens auch schon) besser auf den Ausbruch der Pest vorbereitet als der moderne Staat auf das Coronavirus.

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Dieser moderne Staat, in all seinen Ausprägungen von China über Europa bis nach Amerika, wurde von einem Virus in die Knie gezwungen.

Am Ende konnte der Staat so nur noch Menschenleben um den Preis der Vernichtung von ökonomischen Existenzen retten.

Eine fatale und richtige Entscheidung zugleich. Denn die Rettung von Menschenleben steht über allem.

Hätte der Staat jedoch seine Verpflichtung zu präventivem Schutz wahrgenommen, hätte er Menschenleben retten können, ohne die ökonomische Atombombe zünden zu müssen.

Noch dazu, wo es seit dem SARS-Virus 2003 zahlreiche Warnungen gab.

"Likes" statt Lösungen

Aber Politik besteht seit geraumer Zeit aus Populismus. Es wird inszeniert und nicht gestaltet. In Diktaturen sowie in Demokratien, wo um "Likes" statt Lösungen gerungen wird.

Und jetzt also sollen die Brandstifter das von ihnen gelegte Feuer löschen? Klingt beunruhigend. Aber es geht wohl nicht anders.

Es bedarf jedoch dazu nicht einer Diskussion über mehr oder weniger Staat, sondern wie der Staat überhaupt künftig seinen grundsätzlichen Verpflichtungen zur Daseinsvorsorge nachkommen kann.

Denn weitere Pandemien werden kommen; und dazu noch Klimakrise und neue Flüchtlingskrisen. Was dann, wenn der Staat noch einmal versagt?

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