Alte Kleider für junge Stars: Warum Promis auf Luxus-Vintage setzen
In einem schwarz-weißen Samtkleid mit kleiner Tüllschleppe übernahm Julia Roberts 2001 ihren Oscar als beste Hauptdarstellerin für „Erin Brockovich“. Moderkritiker gaben sich ob des eleganten Klassikers begeistert, die Robe wird bis heute zu den legendärsten Kleidern auf dem roten Teppich gezählt.
Allerdings hatte Julia Roberts damals eine ungeschriebene Regel in der Fashionwelt gebrochen. Sie trug ein Vintage Kleid – aus Valentinos Couture Kollektion von 1992. Bis dahin war es Standard gewesen, bei der Oscarverleihung nur neue Entwürfe von Luxushäusern zu präsentieren. Immerhin gelten die Auftritte als enorme Werbebooster für neue Kollektionen von Modemarken.
Wettbewerb unter Promi-Stylisten
War Roberts Outfit damals neuartig und besonders, gibt es derzeit wohl kein Hollywood-Event mehr ohne Vintage-Kleider. Die Suche nach alten Glamour-Roben ist zu einem Wettbewerb unter Promi-Stylisten geworden und nützen Promis gleich in zweifacher Hinsicht. Die Stücke sind zum einen nachhaltig – sorgen damit für ein positives Image – und beweisen noch dazu ein gewisses Modeverständnis der Trägerin. Ein Jackpot für Fashionfans.
Junge wollen Altes
„Es entspricht einfach dem Zeitgeist. Der Trend geht von den Jungen aus, die der Wegwerfgesellschaft etwas entgegensetzen wollen und dennoch modisch interessiert sind. Der Kauf hat aber sicherlich nicht immer einen moralischen Anspruch, auch der Preis spielt eine Rolle“, erklärt Tanya Bednar den Hype um Vintage-Kleider. Oft zahle man nur ein Zehntel des ursprünglichen Preises für Second Hand Designer-Ware. Die ehemalige Club-Veranstalterin besitzt die Secondhand-Boutiquen „Das neue Schwarze“ in Wien und Berlin. Ihre Shops laufen erfolgreicher als vor der Pandemie, die Kunden werden stetig mehr.
Auch Bella Hadid gehört zu Fans von alten Kleidern. Das Topmodel zeigte sich dieses Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes in einem weißen Gucci Kleid von 1996 aus der stilprägenden Tom Ford Ära. „Die Neunziger sind derzeit sehr begehrt, vor allem bei jüngeren Käufern“, bestätigt auch Bednar.
Das Geschäft brummt aber auch für exklusivste Ausstatter. Promi-Stylisten wenden sich für große Anlässe mittlerweile oft an Cherie Balch statt an Luxuslabels. Seit Jahrzehnten führt sie rare, getragene Designerware. Bekannt wurde ihr Online-Shop Shrimpton Couture als Rihanna 2014 einen Leopardenmantel von Moschino von ihr kaufte und damit in der Vogue erschien. „Leider wirkt sich das nicht unmittelbar aufs Geschäft aus“, so Balch in einem Interview über die Schwierigkeit ihrer Arbeit. Weil es nur ein Stück davon gibt, bedeuten Star-Käufe keinen sofortigen finanziellen Mehrwert – ganz anders als bei neuen Entwürfen von Designern, die von Bewunderern nachgekauft werden können.
Den Hype um die alten Teile haben auch schon die Luxushäuser erkannt. Einige Labels durchforsten gerade die eigenen Archive und kopieren sich für mehr Umsatz selbst. So hat etwa Valentino Jungstar Zendaya mit einigen alten Stücken eingekleidet, die für die Sommerkollektion 2022 limitiert und detailgetreu reproduziert wurden.
Modegeschichte
Wie groß der Vintage-Trend am roten Teppich ist, zeigt auch der Erfolg von Stylist Law Roach. Der ehemalige Besitzer eines Secondhand-Shops ist für sein Wissen über Modegeschichte berühmt. Zendaya, Ariana Grande, Celine Dion und Bella Hadid lassen sich exklusiv von ihm einkleiden – hauptsächlich in Vintage-Errungenschaften. Minutenlang erklärt der Star-Stylist dann auch die Geschichte eines Kleides.
Statt über die nächsten Trends nachzudenken, wird nun lieber mit Expertenwissen geglänzt. Nicht die schlechteste Trendwende im Modebereich.
Vintage ist ein englischer Begriff, kommt ursprünglich aus der Weinlese und bedeutet altehrwürdig, erlesen, alt oder auch hervorragend. Originale Modestücke, die zwischen den Zwanziger- und Achtzigerjahren entstanden sind, werden als Vintage bezeichnet. Davor gelten Stücke als antik, ab den Neunzigerjahren als New-Vintage
4,6 Millionen Dollar ist das 1962 entworfene Jean-Louis-Kleid von Marilyn Monroe heute wert. Reality-Superstar Kim Kardashian trug die Robe zur Modegala Met, obwohl es eigentlich im Museum aufbewahrt wird. Dort gehöre es auch hin und „nicht auf einen roten Teppich“, unkten Kritiker. Dieser Meinung ist auch Vintage-Expertin Tanya Bednar: „Es ist zu ikonisch und für Marilyn reserviert. Es war ein plumper Versuch, an deren Ruhm teilzuhaben.“
Shop: Das neue Schwarz, Landskrongasse 1, 1010 Wien