Der Stilwechsel steht Felix Kramer gut
Von Marco Weise
Felix Kramer denkt lange nach, bevor er antwortet. „Formulierungen sind mir sehr wichtig“, sagt der 26-Jährige knapp – und überlegt weiter. Dabei schließt er seine Augen, vielleicht deshalb, damit er vom Treiben auf der Straße nicht unnötig abgelenkt wird, sich voll und ganz auf seine Gedanken konzentrieren kann, die kurz darauf aus ihm raussprudeln.
Ähnlich überlegt geht es der Singer-Songwriter bei seinen Texten an – jede Zeile wird hinterfragt: Drücken die Wörter das aus, was er sagen will, ist diese Zeile notwendig oder kann sie gestrichen werden? Dieser Entscheidungsprozess sei harte Arbeit. „Ich feile viel herum, probiere und verwerfe, bis ich das Gefühl habe, dass es passt“, sagt er.
Menschlich
Nun scheint für Felix Kramer wieder einiges gepasst zu haben, denn nach seinem von der Kritik gefeierten Debütalbum „Wahrnehmungssache“ (2018) veröffentlicht der Wiener nun sein zweites Werk „Alles gut“. Der Titel ist auch eine Anspielung auf die inflationär verwendete Floskel, die einem im Alltag immer wieder begegnet. Auf die Frage „Wie geht’s? “ folgt oft ein knappes „alles gut“.
„Natürlich nervt mich das, aber ich verstehe es. Denn damit lassen sich Probleme schönreden. Das ist menschlich und legitim. Aber man belügt sich dabei immer auch selbst“, sagt Kramer.
Songs zu schreiben ist für ihn auch immer mit Scheitern, mit unzähligen Trial-and-Error-Stunden verbunden. „Ich mache so viele Dinge, bei denen man auf den ersten Blick keinen Fortschritt erkennt“, sagt Kramer. „Ich versuche trotzdem, alle Ideen aufzuschreiben, auch wenn sie gerade nicht passen – vielleicht passen sie ja zu einem anderen Song.“
Mut
Die neuen Lieder knüpfen inhaltlich an seinem Debüt an. Kramer spricht dem Hörer, der Hörerin gleich zu Beginn Mut zu: „Es wird mal länger schiach sein, aber es wird schon wieder wean“, heißt es im Auftaktstück „Spanien“.
Zum eigenwilligen, aber nie zu gekünstelten Wiener Sprechgesang liefert er auf seinem zweiten Album vermehrt Mariachi-Bläser und elektrifizierte Gitarren. Der Sound ist facettenreicher, ruppiger und rockiger. „Ich wollte schon immer mehr fetzen“, sagt Kramer euphorisch. Mit „fetzen“ meint er rocken, mehr aufs Gaspedal drücken, das Tempo anziehen. Vollzogen wurde der Stilwechsel gemeinsam mit Hanibal Scheutz. Der Musiker und Produzent hat mit Kramer die Songs arrangiert. „Wir haben zusammen viele Stunden im Studio verbracht und tagelang an Gitarrensounds gebastelt.“ Es hat sich ausgezahlt. „Alles gut“ besticht durch eine bunte Soundpalette: Flamenco-Gitarren, treffen auf Cumbia-Rhythmen und den hatschenden wie dreckigen Sound eines Tom Waits.
Infos und Termine zu geplanten Konzerten finden Sie auf der Homepage des Künstlers.