Kultur

Ab Mittwoch: Bachmann-Preis vor Comeback mit Neuerungen

Morgen, Mittwoch, feiern die Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt ihr Comeback. Nach zwei Jahren der coronabedingten gänzlichen oder teilweisen Auslagerung ins Internet können bei der 46. Auflage des Wettlesens um den Ingeborg-Bachmann-Preis wieder alle live dabei sein: Autorinnen und Autoren, Jury und Publikum. Räumlich sind sie allerdings ein wenig getrennt: Erstmals wird im Garten eine Lesebühne aufgebaut, während die Jury im Saal des ORF-Theaters sitzt.

Den Auftakt macht am Mittwochabend die traditionelle Klagenfurter Rede zur Literatur, die heuer von der Autorin Anna Baar gehalten wird. Die in Zagreb geborene und in Klagenfurt und Wien lebende Autorin nahm 2015 mit einem Auszug aus ihrem Roman "Die Farbe des Granatapfels" selbst am Wettbewerb teil. Zuletzt erschien ihr Erzählband "Divân mit Schonbezug". Ihre Rede trägt den Titel "Die Wahrheit ist eine Zumutung", wohl eine Anspielung auf das berühmte Bachmann-Zitat aus ihrer Rede bei Entgegennahme des "Hörspielpreises der Kriegsblinden" 1959: "Die Wahrheit ist nämlich den Menschen zumutbar." Ingeborg Bachmann, die 1973 gestorbene Dichterin und Namensgeberin des Preises, hätte am 25. Juni ihren 96. Geburtstag gefeiert.

Diverses Teilnehmerfeld

Fixpunkt des Eröffnungsabends ist die Auslosung der Lesereihenfolge unter den neun Autoren und fünf Autorinnen, die am Donnerstag, Freitag und Samstag ihre noch unveröffentlichten Texte vortragen werden. Aus Österreich sind die Burgenländerin Barbara Zeman und der Wiener Elias Hirschl am Start. Wahl-Wiener sind zudem der gebürtige Düsseldorfer Clemens Bruno Gatzmaga und der aus Bayern stammende Leon Engler. In Niederösterreich lebt die aus Slowenien kommende Ana Marwan.

Auch sonst ist das Teilnehmerfeld divers wie selten zuvor: Der 1971 in Bagdad geborene Usama Al Shahmani musste 2002 wegen eines Theaterstücks in die Schweiz fliehen. Migrationshintergrund hat auch Behzad Karim-Khani. Er wurde 1977 in Teheran geboren, seine Familie ging 1986 nach Deutschland. Er studierte Medienwissenschaften und lebt heute in Berlin-Kreuzberg, wo er schreibt und die Lugosi-Bar betreibt. Der Lyriker Alexandru Bulucz, 1987 in Rumänien geboren, emigrierte mit seiner Familie 2000 nach Deutschland. Deutsch-Amerikaner ist hingegen der 57-jährige Hannes Stein, der in Salzburg aufwuchs und 2013 in seinem Debütroman "Der Komet" Thronfolger Franz Ferdinand dem Attentat in Sarajevo entkommen ließ. Teilweise in Rom lebt Eva Sichelschmidt, die 1970 geborene Autorin machte zuerst eine Ausbildung zur Damenschneiderin und betreibt ein Geschäft namens "Whisky & Cigars".

Neuerungen bei Bekanntgabe

"Es ist nicht die Herkunft, die literarische Qualität entscheidet", sagte Jury-Chefin Wilke der dpa. "Wie die Gesellschaft insgesamt muss auch der Literaturbetrieb seine Ausschlussmechanismen reflektieren und sich um Öffnung bemühen." Bisher ausgeschlossene Perspektiven könnten "zu anderen Geschichten und auch zu neuen literarischen Mitteln führen." Mit Mara Delius, Vea Kaiser, Klaus Kastberger, Brigitte Schwens-Harrant, Philipp Tingler und Michael Wiederstein ist auch die übrige Jury unverändert. Ganz neu ist hingegen der Bewertungsmodus: Am Ende aller - von Cécile Schortmann und Christian Ankowitsch moderierten - Lesungen und Diskussionen vergeben die Mitglieder der Jury ihre persönliche Wertung von ein bis neun Punkten. Der Justiziar addiert daraufhin die Ergebnisse und erstellt daraus die bis Sonntagmittag geheime Preisträgerliste des Bewerbs. Nur für den Fall, dass es bei einem Preis Punktegleichstand geben sollte, stimmt die Jury wie bisher öffentlich ab.

Zu gewinnen sind der mit 25.000 Euro dotierte Ingeborg-Bachmann-Preis der Landeshauptstadt Klagenfurt, der Deutschlandfunk-Preis (12.500 Euro), der Kelag-Preis (10.000 Euro), der 3sat-Preis (7.500 Euro) und der BKS Bank-Publikumspreis (7.000 Euro), der auch mit dem sechsmonatigen Stadtschreiberstipendium der Stadt Klagenfurt in der Höhe von 6.000 Euro verbunden ist. Neu ist auch die Reihenfolge der Bekanntgabe: Um die Spannung zu erhalten, wird mit dem am niedrigsten dotierten Preis begonnen. Der Hauptpreis wird als Letzter vergeben. Im Vorjahr gewann die in Teheran geborene, in Köln aufgewachsene und in Graz lebende Nava Ebrahimi den Bachmann-Preis.

Der gesamte Bewerb wie auch die Preisverleihungen werden von 3sat live übertragen - insgesamt knapp 17 Stunden. Auch das Deutschlandradio überträgt den Bewerb mit einem Livestream. Weiters wird auch in den sozialen Netzwerken umfassend über die Tage der deutschsprachigen Literatur berichtet.