Paaradox: Von Mäusen und Männern
SIE
Ein Lichtblick in schwierigen Zeiten: Die Elefanten-Spitzmaus, auch Somali-Sengi genannt, ist wieder da! Ein Tier, das wie eine Maus mit Rüssel aussieht, kaum größer als ein Eichhörnchen ist, aber mit Elefanten und Erdferkeln verwandt. Sie galt als ausgestorben, ein kleines Wunder. Warum ich dabei an den Mann nebenan denken muss, ist einfach erklärt: Ich vergleiche ihn sehr gerne mit Mäusen, eigentlich Mäuserichen, was ich schon im Jahr 2013 ausführlich dargelegt habe. Da schrieb ich: „Wäre der Mann nebenan nicht der Mann nebenan, wäre er eine Spitzmaus, genauer gesagt, eine Rotzahnspitzmaus. Das hat nichts mit der Art der Fortpflanzung zu tun, sondern mit ihrem außergewöhnlichen Stoffwechsel. Der macht sie zu gierigen Nonstop-Fressern. Rotzahnspitzmäuse brauchen täglich Essen in der Größenordnung ihres eigenen Körpergewichts, sie müssen 22 Stunden pro Tag schnabulieren, sonst sterben sie an Nahrungsmangel.“
Guglhupf-Rezepte fürs Mausi
Seit damals ist das seltsame Essverhalten des Herrn Hufnagl weit über die Landesgrenzen hinweg bekannt, mich erreichen nach wie vor Mails besorgter Damen, die mir Guglhupf- und Bratenrezepte fürs Mausi schicken. Nun aber zurück zur Elefanten-Spitzmaus: Diese konnte nur deshalb erneut entdeckt werden, weil man 1.200 Lebendfallen mit einem Mix aus Haferflocken, Hefe (Germ, ich weiß eh) und Erdnussbutter ausgelegt hatte. Ja, und wenn ich mir die Naschlade, die erst gestern von mir frisch und äußerst üppig befüllt wurde, heute so anschaue und dazu das bis auf den Boden ausgekratzte Nutellaglas, denke ich wirklich intensiv über die Maus-Mann-nebenan-Ähnlichkeit nach. Vielleicht was Genetisches, weiß da wer was?
Die neuen Herbsttermine: 8. 10. Stadtgalerie Mödling; 16. 10. Stalltheater Königstetten; 24. 10. Rabenhof Wien; 6.11. Hagenbrunn; 14.11. St. Pölten, Bühne im Hof; 19. 11. Langenlois; 1. und 22. Dezember, Rabenhof Wien
gabriele.kuhn@kurier.at / facebook.com/GabrieleKuhn60
ER
Ich stelle mir das lustig vor: Wie der Rotzahnspitzmäuserich auf der Therapiecouch sitzt und erzählt, wie er sich in Frau Grottenolm verliebt hat. Um rasch zu erkennen, dass sich das mit der glücklichen Beziehung ein bisserl schwierig gestaltet, weil gnä Olm sein Fressverhalten konsequent mit einem Kopfschütteln kommentiert. Sie könne nämlich, schildert der Mäuserich verstört, bis zu zehn Jahre lang ohne Nahrungsaufnahme überleben. Nicht einmal die Tatsache, dass ihr wegen seiner Schlingerei vor Fassungslosigkeit die Luft wegbliebe, sei ein Problem. Weil sie behaupten würde: „Ach, Sauerstoff ist überbewertet. Bei Bedarf kann ich sogar drei Tage darauf verzichten.“ Wenig verwunderlich, dass der Mäuserich in Schnappatmung verfällt.
Heiliger Ort
Glücklicherweise gehören meine Frau und ich derselben Spezies an, auch wenn die psychologische Analyse unserer Speisepläne nicht darauf hindeutet. Die „Naschlade“ ist dafür exemplarisch. Für mich ist diese eine Art süße Sakristei. Die Liebste hingegen vermittelt mir gerne, dass meine Sammlung von Keksen, Zuckerln und Knabbergebäck des Teufels sei. Was sie („du wirst auch älter und musst auf dich achten“) mit jenen Gesundheitsvorträgen untermauert, die ich längst wie das Vaterunser mitmurmeln kann. Ginge es nach ihr, dürften da nur Reiswaffeln, geröstete Kichererbsen und Apfelchips gelagert sein. Meinen Einwand, dass sich Genuss und Vernunft gelegentlich so zueinander verhalten wie Rotzahnspitzmaus und Grottenolm, und dass ein Leben ohne Sündenfälle einen öden Beigeschmack besitzt, will sie nicht hören. Daher sagt sie, was sie oft sagt: „Geh’ bitte!“ Was ich dann auch tue – zur Naschlade nämlich. Aber kompromissbereit! Eine halbe Tafel Schokolade tut’s eh auch … vielleicht mit einer gerösteten Kichererbse drauf.
Solo „Abend mit einem Mannsbild“: 17. 10, CasaNova Wien, Matinee, 11 h