Paaradox: Planlos glücklich
SIE
Manche greifen nach einem Flascherl CBD-Tropfen, um ihr Gemüt zu beruhigen, der Mann gegenüber hält lieber einen Vortrag: Man möge doch, bitteschön, mit den „Erwartungshaltungen an ihn“ aufhören. Damit er sich besser ins Leben hineinentspannen, atmen, sich frei und im Flow fühlen könne. Idealerweise beim Fußballschauen oder Minecraftspielen auf dem Handy. Und eher weniger beim Bodenwischen, Mistausleeren oder schweißtreibenden Überlegungen, das Wochenende betreffend. Weil ihn doch jeder längerfristige Plan, der über die nächsten 35 Minuten hinwegreicht, stresst und er das dann auch ganz laut bejammern muss: Hach! Das ganze Leben folgt einem einzigen Plan. Das muss, dies muss, aber jetzt, mit 51, sag’ ich beherzt: nix muss!
Nur kein Stress
Ich nehme dann ein paar tiefe Züge aus dem Genre „Bauchatmung“ und reagiere, wie ich es im Ratgeber „Gelassen, trotz Ehemann“ gelesen habe: „Eh, Schatzi. Alles gut.“ Um ihn daran zu erinnern, dass das Wochenende naht und er mir seit Tagen mit einem Duhuuu, wasmachma, machmawas? in den Ohren liegt. Originell soll die Sause sein, und naturgemäß mit einem kulinarischen Höhepunkt enden. Allerdings ist es so, dass immer ich es bin, die Ausflugtipps googelt und recherchiert, wo es die beste Brettljause nach der schönsten Wanderung gibt, während er noch grübelt. Um nach dem Grübeln auch schon wieder zu vergessen, worüber er gerade gegrübelt hat. Und so sprach ich unlängst mutig zu ihm: „Wäre super, würdest du dir endlich auch einmal was einfallen lassen.“ Leicht leerer Blick, lange Pause, schließlich rief er: Ha! Ich hab’s! Und schlug ein Frühstück im Grünen vor – mit den besten Ham & Eggs der Welt. Na, bumm, wie originell. Denn übersetzt hieß das nix anderes als: Frühstück bei gnä Kuhn, mit Sonntagszeitungen garniert, einem Lächeln aufgepeppt und ohne Erwartungshaltungen serviert. Wie heißt’s so schön? „Selbst ist der Mann, außer er hat eine Frau.“
gabriele.kuhn@kurier.at / facebook.com/GabrieleKuhn60
ER
Es ist fordernd, mit einer hobbymäßigen Event-Managerin verheiratet zu sein. Die den Satz Da sollten wir irgendwann hin offenbar im Handy eingespeichert hat. Es vergeht kein Tag ohne Tipp. Für ein Tun mit Kuhn. Neue Theaterstücke, neue Kinofilme, neue Ausstellungen, neue Lokale, alte Wanderrouten – mein WhatsApp-Verlauf ist ein einziger Link mit dem Zaunpfahl und liest sich wie ein Reiseführer für orientierungslose Ehemänner. Und während ich die Google-Suche mit „Badeplatz für Hu …“ starte, schickt sie mir schon drei Hundestrände mit Anfahrtsskizzen, Wegzeiten und persönlicher Präferenz. Würde ich jedes Da sollten wir generalstabsmäßig zur Umsetzung bringen, wäre ich bis März 2023 ausgebucht. Die wahre Tücke dieser Nachrichten liegt selbstverständlich im Wort Irgendwann. Signora Checkomio betrachtet nämlich mit ihrem Aufstöbern die eigene Mission für beendet.
Subtil vertiefend
Ihre Überzeugung: Ich habe die Idee, dafür kümmerst du dich um die Organisation. Eine Aufgabenteilung, die mir ungerecht erscheint. Aber jeder Versuch einer Umkehrung endet verlässlich mit dem Lamento: Bis du ein Landgasthaus mit schönem Garten suchst, trage ich schon Haube und Schal. Das ist zwar gemein, allerdings nicht völlig falsch. Im Laufe der Jahre habe ich mich eben an die unermüdlichen Recherchen meiner Stürmerin und Drängerin gewöhnt. Und auch an subtil vertiefende Nachfragen wie: Wollten wir uns nicht einmal diese Rooftop-Bar anschauen? Dann antworte ich lässig: „Ah ja, wird erledigt“. Und scrolle minutenlang hektisch durch die Kuhn-Welt meines Smartphones, um zu finden, was sie einst für Irgendwann entdeckt hat. Meine jüngste Initiative konnte sie allerdings nicht antizipieren: Essen bei mir. Ich koche. Sie reagierte prompt: Jö, super! Und ergänzte kurz darauf: Bist du sicher? Ich schickte ihr nur ein Foto von meinem Terrassentisch … und schrieb: „Ja. Da sollten wir hin. Und zwar nicht irgendwann, sondern am Sonntag.“
michael.hufnagl@kurier.at / facebook.com/michael.hufnagl9