Johannas Fest: Die Frucht der Engel
Von Johanna Zugmann
Wasser ist essenziell bei Temperaturen jenseits der dreißig Grad Celsius. Viel Wasser zu trinken, empfehlen Ärzte und so oft wie möglich in kühles Nass zu springen, ist mein persönliches Sommerrezept. Vergangene Woche tauchte ich die Hitzewelle am Ufer und in den Fluten der Ybbs durch. Am Strand war ich mit Freundin Christine in deren Mittagspause zum Picknick verabredet.
Picknick ist eigentlich übertrieben, denn ich hatte nur das Einfachste eingepackt, Proviant wie wir ihn als Kinder an einem Badetag im Wiener Gänsehäufel mit hatten: Wasser mit frisch gepresstem Zitronensaft, ein paar harte Eier, Paradeiser, vorgeschnittene grüne Paprika und Wassermelone. Letztere ist ja als Durstlöscher von unseren sommerlichen Tafeln und den Picknickkörben kaum mehr wegzudenken. Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain (1835 bis 1910) titulierte das Kürbisgewächs einst gar als die „Frucht der Engel“.
Ursprünglich soll unser Sommerklassiker aus Afrika kommen und erst in Tausenden selektiven Züchtungen von einer bitteren, ungenießbaren Frucht zur wohlschmeckenden, saftigen, rotfleischigen Sommerwonne mutiert sein. Christine, eine routinierte Weitschwimmerin, und ich, eine deklarierte Wasserratte, zelebrierten für zwei Stunden den Badespaß gleich vor unserer Haustüre. Bissen um Bissen verleibten wir uns den Sommer ein, so wie ich einst als Kind auf einer karierten Decke sitzend. Damals wie vor ein paar Tagen machte sich Lust und Lebensfreude breit.
Wir genossen die „Frucht der Engel“ und das Naturschauspiel: Im smaragdgrünen Flusswasser tummelten sich Forellen, darüber schwirrten Libellen und unter dem strahlend blauen Himmel gaben Schwalben eine Vorstellung ihrer Flugakrobatik. – Dankbar für das Privileg, die europaweite Hitzewelle just an diesem idyllischen Ort aussitzen zu dürfen, wurden die Mittagstunden für uns zum Fest!