Kolumnen

Johannas Fest: Bitte bringt euer Bettzeug mit!

Vergangenen Sonntag waren wir bei Martha zu einem fulminanten Grillabend eingeladen. Die Geschäftsfrau ist eine der besten Gastgeberinnen, die ich kenne, kocht jeweils mehrere Gänge und bäckt dann noch so nebenher am Morgen eine Torte. Zwischen Karfiol- und Couscous-Salat, Spargeln, gefüllten Zucchini, Spareribs und Kalbskoteletts tauschten wir uns über unsere Urlaubspläne aus.

Die meisten österreichischen Hotels, Pensionen und Privatquartiere mit Seezugang sind in den Sommermonaten 2020 hoffnungslos ausgebucht.

Wer ein Haus am See hat, kann über alles Mögliche klagen, nur über eines wohl kaum: Einsamkeit.

Glücklich ist, wer von Freunden eine Einladung für ein paar Tage in eine solche Sommerresidenz erhalten hat.

Mit zur neunköpfigen Gästeschar zählte Sabine.

Die junge Ärztin schwärmt von einer Villa im Ausseerland, in die sie vergangenes Jahr eingeladen war. Das Jugendstil-Juwel liege zwar am Berg, zur Liegenschaft gehöre aber auch ein eigenes Stück Seeufer. Das Familienoberhaupt sei ein Topmanager, der es auf der internationalen Karriereleiter ganz nach oben gebracht habe und für den Geld vermutlich nicht wirklich eine wichtige Rolle spiele.

Hauspersonal-Notstand

Als seine Frau Beate, mit der sich Sabine besonders gut versteht, darum bat, doch mit eigenem Bettzeug anzureisen, war sie zunächst etwas überrascht.

Vor Ort angekommen und im Gespräch mit den ebenfalls zum Abendessen geladenen Sommerhausbesitzern der Nachbarschaft, erfuhr sie mehr über die Hintergründe dieser Bitte. Anne, eine New Yorker Kunstkuratorin und Trixi, eine Wiener Bankerin, tauschten sich über den Hauspersonal-Notstand im Ausseerland aus: Erstens hätten es die Einheimischen kaum nötig, ihre Einkommen aufzubessern, und zweitens würden sie den akuten Hilfsbedarf der nur im Juli und August präsenten Zweitwohnsitzer ziemlich schamlos ausnützen. Wenn überhaupt kämen sie nur im Duo und verlangten pro Person 50 Euro die Stunde. Da legten die Gastgeber dann doch lieber selbst Hand an, beziehungsweise würden die Besucher dazu angehalten, mitzuarbeiten.

Jetzt entspann sich eine hitzige Debatte unter der Grillabendrunde in Wien. Die einen fanden nichts dabei, Gäste zur Mitnahme ihrer eigenen Bettwäsche aufzufordern. Die Gastgeber im Feriendomizil seien ja schließlich dort nicht hingefahren, um Unmengen an Heimtextilien zu bügeln, sondern ebenfalls, um zu entspannen.

Die andere Fraktion wertete so ein Ansinnen als adäquat für Übernachtungen in einer Hütte oder Jugendherberge. Da könne man die Gäste ja gleich bitten, auch ihr eigenes Essen mitzubringen, konstatierte etwa Harald, ein Werbegrafiker.

Ich schlug im Knigge nach. Gute Gäste würden von sich aus anbieten, ihre eigene Bettwäsche mitzubringen, fand ich da zum Thema. – Ein Angebot, das ich als Gastgeberin jemals annehmen würde? – Höchst unwahrscheinlich, weil mein Göttergatte dieser Form von Selbstversorgertum eine klare Absage erteilt; dahinter steckt nicht nur seine Gastfreundschaft: „Die Studentenzeiten sind vorbei. Jetzt haben wir die Gästezimmer so liebevoll eingerichtet, und dann schlafen unsere Freunde in irgendeinem lila geblümten Bettzeug, das nicht dazu passt. – No way!“, entscheidet er. – Was ist aus dem einst unkomplizierten Musiker bloß für ein Designfundi geworden?