Kolumnen

Keine schnarcht so schön wie sie

Endlich Zeit zum Träumen! Wenn man wochenlang abends nicht ausgehen darf, dann „Gute Nacht!“. Oft liest man ja dieser Tage, dass Menschen in einer Zeit geringerer Tätigkeit die Untätigkeit des Schlafs neu entdecken.

Zeit also für große Träume. Dream Big! Aber angeblich funktioniert das bei vielen nicht, weil im Moment Existenzängste, Einsamkeit und emotionale Engpässe die großen Träume zu kümmerlichen Albträumen verkommen lassen.

Wir hier haben uns deshalb eine Schlaftrainerin engagiert. Daria unterrichtet in unserem Haushalt das Schnarchen, Träumen und das Jederzeit-an-Ort-und-Stelle-Umfallen-und-Einschlafen. Sie tut dies mit pädagogischem Talent. Ganz nach dem Motto: Die beste Predigt ist, es einfach vorzuleben.

Neulich stand die Tochter abends vom Sofa auf, ging zum Fenster und schaute lang hinunter auf die Straße, sie öffnete das Fenster, schloss es, und zuckte die Achseln. „Was suchst du?“, fragte ich. „Nichts“, erwiderte sie, „ich wollte nur wissen, wo das Geräusch herkommt“.

„Meinst du das Geräusch aus dem Hundekorb?“, fragte ich. „Nein, das Pfeifen von draußen“, murmelte sie. „Es ist Darias Schnarchen, geh’ hin und horch’“, kicherte ich. „Du spinnst“, sagte sie, „kein Lebewesen macht so. Das ist ein Auto oder eine Maschine“. Schließlich hörte sie doch auf mich – und auf Darias Schlafgeräusche – und bekam einen Lachkrampf: „Wie macht die das?“

Prärieklänge aus dem Hundekorb

Ich vermutete, dass Daria im Schlaf pfeift, weil sie sich einfach nichts pfeift. Sie träumt groß. Einmal sogar, dass sie ein Wolf ist. Mitten in der Nacht rissen mich wilde Prärieklänge aus dem Schlaf. Ihr Heulen klang bedrohlich. Daria beherrscht auch das Ganzkörperträumen: Wenn sie im Traum rennt, streckt sie alle Viere in die Luft und zappelt im Schlaf.

Nach wochenlangem Studium von Darias Schlafmustern gelang mir dieser Tage das Kunststück: Am Ende einer langen Waldwanderung legte ich mich auf einer Lichtung kurz in die Sonne – und schlief sofort ein. Daria bewachte meinen Schlaf. Als ich aufwachte, jausnete sie friedlich neben mir. Wieso war das Säckchen mit den Hundekeksen nicht mehr in meiner Hosentasche, sondern lag zerbissen in der Wiese? Daria hatte keine Ahnung. Ich musste sehr tief geschlafen haben.