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"Eine Brücke kann man nicht von einem Ufer aus bauen"

19 Jugendliche mit Deutsch sowie 13 anderen Erstsprachen - von Arabisch über Spanisch, Norwegisch und Türkisch bis zu Russisch und Tschechisch wurden am Nachmittag nach dem Tag der Arbeit im großen Festsaal des Wiener Rathauses als Sieger_innen des nunmehr bereits zehnten Durchgangs von „SAG’S MULTI!“ gefeiert. Ausgezeichnet und geehrt wurden aber alle Finalist_innen dieses mehrsprachigen Redebewerbs - in diesem Jahr schafften es 140 von fast 600 gestarteten Jugendlichen ins Bundesfinale), in dem jede und jeder mit Deutsch und einer weiteren Sprache zu einem der vorgegebenen Themen spricht. Seit einigen Jahren sind auch erlernte Fremdsprachen genauso zulässig wie andere Erst- oder Muttersprachen.

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Stellvertretend sprachen...

„Wir sind alle miteinander verbunden, miteinander vernetzt, hängen voneinander ab. Unser aller Leben wäre so viel besser, sorgenfreier, wenn wir uns auf den anderen verlassen könnten und keine Energien darauf verschwenden würden, anderen aus dem Weg zu gehen oder sie zu hassen. Eine Brücke kann man nicht von einem Ufer aus bauen. Man muss von beiden Seiten beginnen, bis man sich in der Mitte trifft“, sagte vom Redner_innenpult im Festsaal des Wiener Rathauses aus Esmanur Atak aus der neuen Mittelschule Telfs (Tirol) - auf Deutsch und Türkisch. Stellvertretend für die jungen Redetalente hielt sie neben drei anderen Jugendlichen auszüge aus ihrer Finalrede.  

Weil es in der jüngsten Altersgruppe am meisten Teilnehmer_innen gab, entschied die Jury diesmal, hier auch die meisten Preise zu vergeben. Deshalb sprach aus dieser Gruppe auch noch eine weitere Rednerin stellvertretend und zwar Bindu Hossain aus der Wiener MittelSchule Kauergasse (mit Deutsch und Bangla) begann in ihrer Rede über „Europa, die Welt und wir“ (auf Bangla und Deutsch) damit, dass niemand seine Heimat mutwillig verlasse, es aber sehr viele Gründe gebe - von Krieg und Not bis zu schlechten Lebensbedingungen, denen Menschen entkommen müssen/wollen. Sie ist, erzählt sie, erst seit vier Jahren in Österreich, was anfangs für sie nicht leicht gewesen sei, aber seit zwei Jahren fühle sie sich hier zu Hause. Und sie sprach sich dafür aus, dass Reiche mit Armen teilen und die Welt nur gemeinsam verbessert werden könne.

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Lisa Weinberger, vom Wiener Gymnasium St. Ursula, hielt ihre Rede in ihrer erlernten Fremdsprache Englisch (und natürlich auch Deutsch) und sagte unter anderem: „Unzählige Opfer: Bis die Regierungen der involvierten Länder und schließlich auch die EU sich darüber einig sind, wer denn nun die Flüchtlinge aufnimmt, sind bereits viele der Hilfesuchenden im Mittelmeer ertrunken. Wir wollen Menschen in Lebensgefahr helfen. Jetzt sofort, unbürokratisch. NGOs müssen unterstützt und nicht behindert werden.“

Immer wieder für Schmunzler und Lacher sorgte David Popescu, stellvertretend für die ältesten Sieger_innen (ab 11. Schulstufe) aus dem Purkersdorfer Gymnasium (NÖ), in seiner (selbst-)ironischen (deutsch-rumänischen) Rede an Her- und Zukunft: „Herkunft, du eingewachsener Zehennagel. Dank dir, kann ich nicht gescheit voranschreiten. Dank dir, kann ich nicht gescheit auftreten, denn dank dir, gibt es Vorurteile. Du Herkunft, du hast Schubladendenken geboren.“

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Mehr als 4000 Teilnehmer_innen, fast 90 Sprachen

Bisher waren in diesen zehn Jahren 4174 jugendliche Redner_innen mit insgesamt 88 verschiedenen Sprachen  (von Afrikaans bis Yoruba) gestartet. Die besten der besten werden mit einer gemeinsamen Gruppenreise in eine europäische Stadt belohnt, diesmal ist das Ziel Hamburg.

Ein Achtel spricht in zwei erlernten Sprachen

Drei Viertel aller Teilnehmer_innen wählen für die Rede bei „SAG’S MULTI!“ neben dem obligatorischen Deutsch ihre (oder eine ihrer) Erstsprache(n). Von den 25 Prozent, die in einer erlernten Fremdsprache reden, hat wiederum die Hälfte eine andere Erstsprache als Deutsch, das heißt, sie treten in zwei erlernten Sprachen an, dazu zählen etwa die diesjährigen Sieger_innen Evelin Balogh, die ebenso wie Rebecca Victoria De Vera auf Englisch sprach. Die eine bringt noch Ungarisch, die andere Tagalog (Philippinen) als Erstsprache mit.

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Das zentrale Thema des diesjährigen Bewerbs hatte gelautet: Brücken und Mauern - wie bauen wir unsere Zukunft? Als Unterthemen waren angeboten: Zukunft braucht Herkunft/ Europa, die Welt und wir/ #metwo – empören und empowern sowie das Zitat von Hannah Arendt: „Das Recht, Rechte zu haben“ und wie in den vergangenen Jahren schon ein Bildimpuls. Diesmal lud dieser zu besonders spannenden Reden ein, wirkte er auf den ersten Blick doch wie arabische Schrift, stellte sich beim mehrmaligen Hinschauen jedoch als ein deutschsprachiger Satz heraus - siehe das Bild unten.

www.sagsmulti.at

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Die Sieger_innen-Liste

Bevor ein Stück weiter unten alle Sieger_innen - aufgeteilt in den drei Altersgruppe jeweils in Fotos mit Kurz-Zusammenfassungen ihrer Reden vorgestellt werden, hier noch die gesammelte Ehrenliste

Alterskategorie 1 (Unterstufe)

Libuše Frimlova, Deutsch/Tschechisch, Erst-bzw.Muttersprache, BG/BRG Klosterneubug (NÖ)
Astrid Fichtner, Deutsch/Norwegisch, Erst-bzw.Muttersprache, BG/BRG Klosterneubug (NÖ) 
Emma Kennedy, Deutsch/Englisch, Erst-bzw.Muttersprache, BG/BRG Purkersdorf (NÖ) 
Esmanur Atak, Deutsch/Türkisch, Erst-bzw.Muttersprache, NMS Telfs Anton Auer (Tirol)
Inès Mille, Deutsch/Französisch, Erst-bzw.Muttersprache, Bundesgymnasium Lustenau (Vbg) 
Taha-Alhasan Ben Yahya, Deutsch/Arabisch, Erst-bzw.Muttersprache, WMS Leipziger Platz (Wien20)
Mara Dorado Debeza, Deutsch/Spanisch, Erst-bzw.Muttersprache, GRG Rosasgasse (Wien12)
Bindu Hossain, Deutsch/Bangla, Erst-bzw.Muttersprache, WMS Kauergasse (Wien15)

Alterskategorie 2 (9. und 10. Schulstufe)

Hedda Šćuric, Deutsch/Kroatisch, Erst-bzw.Muttersprache, BG/BRG Leoben Neu (Stmk)
Mahdieh Saberi, Deutsch/Farsi, Erst-bzw.Muttersprache, BG/BRG/BORG Köflach (Stmk)
Simona Grugger, Deutsch/Englisch, Erlernte Fremdsprache, Akademisches Gymnasium Innsbruck (Tirol)
Jann Lanaza, Deutsch/Englisch, Erlernte Fremdsprache, BG BRG Maria Trapp Platz (Wien22)
Yubeen Seo, Deutsch/Koreanisch, Erst-bzw.Muttersprache, RG/WRG Feldgasse (Wien8)
Lisa Weinberger, Deutsch/ Englisch, Erlernte Fremdsprache, Gymnasium & ORG St.Ursula (Wien23)

Alterskategorie 2 (11. bis 13. Schulstufe)

David Popescu, Deutsch/Rumänisch, Erst-bzw.Muttersprache, BG/BRG Purkersdorf (NÖ)
Rebecca Victoria De Vera, Deutsch/Englisch, Erlernte Fremdsprache, Vienna Business School HAK/HAS Floridsdorf (Wien21)
Evelin Balogh, Deutsch/Englisch, Erlernte Fremdsprache, GRG Bertha von Suttner-Schulschiff (Wien21)
Esra Gönülcan, Deutsch/Türkisch, Erst-bzw.Muttersprache, G11 Geringergasse (Wien2)
Veronika Czerwinski, Deutsch/Russisch, Erst-bzw.Muttersprache, Schumpeter BHAK (Wien13)

Sieger_innen der jüngsten Altersgruppe

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Stellvertretend für die jüngsten Sieger_innen hielten Esmanur Atak und Bindu Hossain bei der Gala im Rathaus Kurzfassungen ihrer Finalreden - auf Deutsch und Türkisch bzw. Deutsch und Bangla.

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Sieger_innen der mittleren Altersgruppe

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Stellvertretend für die Sieger_innen der mittleren Altersgruppe hielt Lisa Weinberger eine Kurzfassung ihrer Rede - auf Deutsch und Englisch, als erlernter Fremdsprache

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Sieger_innen der ältesten Altersgruppe

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Stellvertretend für die ältesten Sieger_innen hielt David Popescu bei der Gala im Rathaus eine Kurzfassung seiner Finalrede - auf Deutsch und Rumänisch.

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Vielfalt statt einfältig

Stellvertretend für die vielen Lehrkräfte, die Schüler_innen ermutigen und unterstützen ihre Mehrsprachigkeit zu leben, meinte Maria Marizzi vom Schulschiff pointiert, dass ihr Vielfalt viel lieber sei als einfältig zu sein. Sie machte aber auch darauf aufmerksam, dass es Jugendliche gibt, die nicht an „SAG’S MULTI!“ teilnehmen können, weil sie zwar mehrsprachig seine, aber mittlerweile abgeschoben worden sind. Mut mache ihr nur, dass immer mehr ganze Orte sich gegen das herausreißen gut integrierter Mitbürger_innen wehren.

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Im Folgenden die Beiträge über die vier Tage des diesjährigen Bundesfinales mit Kürzest-Zusammenfassungen aller Reden und Fotos der Redner_innen

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