Von Hundewelpen gekratzt: Touristin stirbt an Tollwut
Von Ernst Mauritz
Tierliebe wurde einer Norwegerin zum tödlichen Verhängnis: Birgitte Kallestad, 24, kümmerte sich während ihres Urlaubs auf den Philippinen um einen jungen, geschwächten Hund, den sie am Straßenrand entdeckt hatte. Sie nahm ihn mit in ihr Urlaubsdomizil, fütterte ihn, päppelte ihn auf. Beim Spielen mit dem Welpen kratzte sie dieser. In einer Stellungnahme erklärte die Familie, dass Birgitte Kallestad diese Kratzer desinfiziert habe, ihnen sonst aber keine Aufmerksamkeit geschenkt und auch keinen Arzt aufgesucht habe.
Als sie wieder in Norwegen zurück war und sich nicht wohl fühlte, suchte sie die Notfallabteilung jenes norwegischen Spitals auf, in dem sie auch arbeitete. Als die Ursache ihrer Beschwerden erkannt wurden, war es allerdings für eine erfolgreiche Behandlung allerdings bereits zu spät. Birgitte Kallestad starb am Montag dieser Woche an den Folgen der Tollwutinfektion. Es war dies der erste Todesfall durch Tollwut in Norwegen seit mehr als 200 Jahren.
"Unsere geliebte Birgitte liebte Tiere", heißt es in einer Erklärung der Angehörigen. "Unsere Sorge ist, dass es anderen, die wie sie ein derart warmes Herz haben, ähnlich ergehen könnte."
Birgitte Kallestad war - ebenso wie ihre Mitreisenden - nicht gegen Tollwut geimpft.
Weltweit treten in rund 150 Ländern der Welt Tollwutfälle auf. Laut Weltgesundheitsorganisation kommt es jährlich zu mehreren zehntausend Todesfällen weltweit. 95 Prozent aller Tollwuterkrankungen werden aus Asien und Afrika gemeldet. Österreich wurde 2008 von der WHO für tollwutfrei erklärt. Durch Impfaktionen für Füchse konnte die Tollwut in Europa weitgehend zurückgedrängt werden.
99 Prozent aller Infektionen beim Menschen erfolgen durch streunende, nicht geimpfte Hunde. Aber auch Katzen, Füchse, Schakale, Affen und Fledermäuse können das Virus übertragen, wenn infizierter Speichel mit verletzten Hautstellen oder mit Schleimhäuten (als z.B. auch den Augen) in Kontakt kommt.
40 Prozent der Infizierten weltweit sind Kinder unter 15. Eine Therapie der Tollwut gibt es nicht. Die Erkrankung endet immer tödlich.
Tollwut wird durch ein Virus verursacht, das von infizierten Tieren mit dem Speichel ausgeschieden wird. Durch Kratzer und Bissverletzungen eines an Tollwut erkrankten Tieres gelangt virushaltiger Speichel in den Körper. Auch das reine Belecken nicht intakter Hautstellen kann bereits ein Risiko darstellen. Innerhalb kurzer Zeit wandert das Virus in die Nervenzellen ein und entlang der Nerven weiter Richtung Rückenmark und Gehirn.
Grundsätzlich wird allen Reisenden in Länder mit hohem Tollwutrisiko eine prophylaktische Schutzimpfung empfohlen (drei Teilimpfungen). Rund 0,1 bis1 Prozent der Reisenden in Länder mit hohem Risiko haben einen "tollwutsuspekten Tierkontakt" während ihres Aufenthaltes, heißt es auf gesundheit.gv.at.
Sofortmaßnahmen nach Tierkontakt
Folgende Maßnahmen müssen unverzüglich, also noch im Gastland, eingeleitet werden:
- Sofortiges Auswaschen der Verletzung mit einer Seifenlösung (mindestens 15 Minuten)
- Desinfektion der Wunde
- Verabreichung eines Tollwut-Immunglobulin-Präparates (Tollwut-Antikörper)
- Gleichzeitig Beginn der aktiven Immunisierung, also der Gabe von Totimpfstoff
- gegebenenfalls Auffrischung des Impfschutzes gegen Tetanus
Mit Ausnahme der Verabreichung von Immunglobulinen gelten diese Maßnahmen ebenso für Personen, die eine vorbeugende Schutzimpfung erhalten haben und einen Kontakt mit einem infizierten Tier hatten. Auch sie sollten nach einem Tierkontakt nochmals geimpft werden.
Experten betonen, dass eine Immunisierung vor oder sofort nach der Infektion die einzige Möglichkeit ist, den Ausbruch der Krankheit aufzuhalten.
In vielen Ländern ist es aber schwierig, rasch ein Immunglobulin – für Ungeimpfte die einzige Möglichkeit eines Schutzes nach Kontakt mit dem Tollwut-Virus – zu bekommen. Bei Geimpften genügen hingegen – um wirklich auf der sicheren Seite zu sein – nach einem Biss Auffrischungsimpfungen. Die sind leichter erhältlich und man hat auch ein bis zwei Tage dafür Zeit. Bei der passiven Immunisierung mit einem Immunglobulin zählt hingegen wirklich jede Stunde, betonten Impfexperten.
Die wichtigsten Symptome
Die Inkubationszeit beträgt zwei Wochen bis maximal zwölf Monate. Die Erkrankung beginnt uncharakteristisch mit Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Abgeschlagenheit und Unwohlsein. "Auch Schmerzen an der Bissstelle treten auf, hinzu kommen Angstzustände, Schlaflosigkeit, Depressionen oder Erregungszustände", heißt es auf dem öffentlichen Gesundheitsportal gesundheit.gv.at.
Diese Beschwerden dauern zwei bis zehn Tage. In der Folge treten neurologische Beschwerden auf: Hyperventilation (gesteigerte Atemtätigkeit), Zeichen eines Sauerstoffmangels, Sprachunfähigkeit, Lähmungen, Verwirrtheitszustände, Unruhe, Bewegungsdrang. Diese Beschwerden dauern zwei bis sieben Tage. Danach fällt die betroffene Person ins Koma. Die Erkrankung endet ausnahmslos tödlich.