Leben/Essen & Trinken

Österreich am Teller: Wiener Schnitzel

Mit dem Wiener ist es wie mit dem Schnitzel: er weiß oft nicht genau, woher er kommt. Kommt er aus Böhmen, aus Schlesien, aus Belgrad oder aus Mistelbach? Wien war ja ein Melting Pot um die vorletzte Jahrhundertwende. Irgendwann, heute weiß es keiner mehr so genau, tauchte dann in den Pfannen und auf den Tellern der Wiener das so genannte Wiener Schnitzel auf. Es gilt als genauso berühmt wie der Wiener Stephansdom, ist aber kulinarisch interessanter. Um die Herkunft des Schnitzels ranken sich einige Legenden, während man beim Rezept ziemlich sicher ist. (Zum Beispiel, dass vorher das Ei und nachher die Brösel kommen und nicht umgekehrt. Diese Erkenntnis gilt als gesichert.) Eine der Legenden führte nach Mailand. Angeblich wäre das Costoletta alla Milanese der eigentliche Vorfahre des Wiener Schnitzels. Man erzählte lange Zeit, das Costoletta sei im 14. Oder 15. Jahrhundert nach Wien eingewandert. Damals waren die Wiener in Zuwanderungsfragen neugieriger als in unseren Tagen.

War es Radetzky?

Gegen diese These spricht, dass in der Wiener Küche eingewanderte Rezepte immer ihre Originalnamen behalten haben, vergleiche Palatschinke, Risi e bisi oder Gulasch. Eine andere Geschichte erzählt vom Feldmarschall Radetzky, der als Kulinariker erfolgreicher gewesen sein soll als in seinem Job als Feldherr. Radetzky hätte dem Kaiser das Rezept aus der Lombardei mitgebracht, heißt es. Wissenschafter bezweifeln diese These. Das Backen in Bröseln war ja in Venedig schon vor vielen hunderten Jahren en vogue, nachdem das Verzieren mit Gold verboten worden war. Auch die Tatsache, dass die Rezeptur des Backhendls in einigen Schriften vor Radetzkys Zeit (1719) erwähnt wird und es ja vom Backen eines Hendls bis zum Backen eines Kalbsschnitzels nicht so ein großer evolutionärer Schritt ist, spricht gegen die Radetzky-These. Vom Wiener Backhendl zum Wiener Schnitzel, klingt nicht so glamurös wie die Mailand-Legende, aber wen kümmert das, wenn das Schnitzel schmeckt.

Schnitzelkunde

Damit es schmeckt, müssen ein paar Details beachtet werden. Der Hinweis auf die Wichtigkeit der Fleischqualität sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Für alle, die sich vielleicht zum ersten Mal an ein Schnitzel wagen, weil sie ihre Freunde einmal mit etwas anderem beeindrucken wollen als mit Pizza oder Sushi vom Take-Away, sei gesagt: Bitte die Eier nur verschlagen, aber nicht mixen oder sonstwie mißhandeln. Nicht mit dem Fett sparen. Öl ist tabu, nur Schmalz oder Butterschmalz geht in Ordnung. Dass ein gutes Wiener Schnitzel nicht aus der Fritteuse kommt, sondern aus der Pfanne, haben Sie sicher schon wo gelesen. Und dass ein Wiener Schnitzel ausnahmslos und immer vom Kalb ist, wohl auch.

Zubereitungs-Einmaleins.

Zur Zubereitung werden etwa vier Millimeter (maximal sechs) dünne und leicht geklopfte Kalbsschnitzel (aus der Keule wie z. B. Fricandeau) leicht gesalzen. Dann zuerst in Mehl wenden, durch verschlagene Eier ziehen und schließlich in frisch geriebenen Semmelbröseln wenden. Danach die Schnitzel leicht abschütteln. Die Brösel dürfen dabei nicht angedrückt werden, damit die Panier trocken bleibt und "soufflieren" kann, also das Schnitzel nach dem Backen nur locker umhüllt. Daraus ergibt sich, dass man Schnitzel nicht auf "Vorrat" panieren sollte, sondern möglichst frisch vorm Backen. Anschließend werden die Schnitzel sofort in reichlich Schmalz oder Butterschmalz in der Pfanne bei 160-170 °C goldgelb gebacken. Die Schnitzel müssen im Fett schwimmen, sonst garen sie nicht gleichmäßig, das Fett kühlt zu stark ab, und dringt in die Panade ein, wodurch sie fettig wird.

Stradivari-Farbvergleich

Während des Backens wird das Schnitzel mehrfach leicht in der Pfanne hin und hergeschwenkt - durch das heiße Fett auf der Oberseite legt sich die Panier nicht gänzlich an das Fleisch an und geht dadurch etwas auf.

Dann auf einem Küchencrepp das überschüssige Fett abtupfen.

Es wird gerne in diesem Zusammenhang erwähnt, dass ein Schnitzel so trocken sein soll, dass man mit der Hose drauf sitzen können muss, ohne dass von der Panier ein Fettfleck auf der Hose zurückbleibt.

So wie man sich angeblich bei der Färbung der Panier an die Farbtönung einer Stradivari-Violine annähern muss. Sie haben doch sicher eine Stradivari zu Hause, oder?