Leben/Essen & Trinken

Diese Wienerin hat Zuckerl erfunden, die jeder verträgt

Bei Husten, Halskratzen oder als süße Kleinigkeit zwischendurch ein Zuckerl lutschen – wer Fruktose, Sorbit oder Laktose nicht verträgt, weiß, dass das nicht so einfach ist. Denn alle im Handel erhältlichen Produkte enthalten zumindest einen der Beschwerden auslösenden Stoffe.

Renée Hanslik entwickelte aus diesen Gründen „Frunix“. Ihre Zuckerl kommen ohne Fruktose, Laktose, Zuckeraustauschstoffe oder künstliche Süßstoffe aus.

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Nächste Woche nimmt Hanslik erstmals auf der weltgrößten Fachmesse für Süßwaren in Köln teil. Mehr als 1700 Aussteller aus 70 Ländern stellen ihre Produkte vor. Hanslik hat einen Platz in jener Halle, in der innovative Neuheiten ausgestellt werden.

Was darf ich essen?

Dass sie sich mit Unverträglichkeiten so gut auskennt, ist nicht nur der Entwicklung ihrer Zuckerl geschuldet. Das jüngste ihrer vier Kinder vertrug von Geburt an keine Laktose, später wurden auch bei den anderen Kindern und ihrem Ehemann diverse Unverträglichkeiten diagnostiziert.

„Der eine hat kein Hühnereiweiß vertragen, der andere kein Gluten, der dritte keinen Dinkel, der vierte keinen Dotter. Ich wusste schon gar nicht mehr, was ich für sechs Personen kochen sollte.“

Die Absolventin der Hotelfachschule „Modul“ entwickelte in Folge die Plattform www.mitohnekochen.com, auf der sie Rezepte für Menschen mit Unverträglichkeiten veröffentlichte.

Nutzer bemängelten immer wieder: Trotz vieler Produkte für Menschen mit Intoleranzen – Hustenzuckerl gibt’s keine! Viele Betroffene tauschten sich online über Alternativen aus.

„Es ist ein Irrglaube, dass zuckerfreie Bonbons für diese Zielgruppe verträglich sind.“ Dass keine Zuckerersatzstoffe (Zuckeralkohole) verwendet werden, ist wichtig, erklärt die 47-jährige Wienerin. Bei einer Fruktoseunverträglichkeit verursachen auch Sorbit, Birkenzucker und normaler Haushaltszucker Beschwerden. „Zuckeralkohole (Xylit, Mannit, Sorbit, Anm. ) blockieren die Verstoffwechselung von Fructose, weshalb sie besser nicht konsumiert werden sollten“, erklärt Hanslik.

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Komplizierte Zusammenhänge

Auch in Laktose ist durch den Milchzucker ein Zuckerstoff enthalten, welcher durch Enzyme gespalten werden muss. Personen mit diesen Intoleranzen haben ein prinzipielles Problem bei der enzymatischen Spaltung von Zucker. „Daher treten Fruktose- und Laktose-Intoleranz sehr häufig zusammen auf.“ Hanslik verwendet fructosefreien Glucosesirup. „Das ist eine besonders gut verträgliche Zuckeralternative.“

Damit begann sie zu experimentieren. „Ich habe mich informiert, wie man Zuckerl herstellt und daheim ausprobiert. Vor 2,5 Jahren begann sie, in ihrer Küche im Kochtopf Zucker zu karamellisieren, versetzte das Ganze mit ätherischen Ölen, leerte die zähe Masse auf eine Steinplatte, knetete, rollte – und produzierte letztlich ihre ersten Karamellen.

„Das Feedback auf meine Prototypen war äußerst positiv. Da habe ich bemerkt, dass dafür ein Markt da ist.“

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Professionell umsetzen

Das hieß auch: „Professioneller werden.“ Sie fand einen Lebensmitteltechnologen in Deutschland, mit dem die Zuckerl professionell hergestellt werden konnten. „Selbstgeschnitten waren sie noch nicht perfekt, sie sollten auch wie Zuckerl aussehen und gut schmecken.“

Zuckerl, die allen schmecken

Renée Hanslik wollte ein Produkt, das nicht nur Menschen mit Beschwerden essen können. „Es soll wie ein Zuckerl schmecken und mit herkömmlichen Produkten mithalten können.“ So entstanden außer Hustenzuckerl Sorten mit Johannisbeere, Cranberry oder Zitrone, Himbeere und Limette. Im März folgt Orange mit Ingwer.

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Als nächster Schritt musste ein Produzent gefunden werden, „der an mich glaubt. Wir haben mehrere angeschrieben, alle sagten mit dem Argument ab, die Zusammensetzung würde die Maschinen verkleben“.

Passiert übrigens nicht, wie der Hersteller in Bayern bestätigen kann, der Hansliks Zuckerl seit mehr als einem Jahr produziert. Nach der Prüfung durch die heimische Lebensmittelversuchsanstalt und gesetzeskonformer Kennzeichnung vertrieb sie ihre Zuckerl via Webshop.

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Das Spezialprodukt soll künftig in normalen Supermärkten erhältlich sein. „Leute die ohnehin  eingeschränkt sind, sollen leicht verfügbare Alternativen haben.“

Das gilt vor allem für Kinder mit Fruktose-Intoleranz: „Ob Ostern oder Halloween, überall, wo Süßigkeiten verteilt werden, gibt es für sie jetzt auch endlich was.“

Info: Wenn Fruchtzucker üble Folgen hat

Fruktose-Intoleranz: Menschen, die daran leiden, können aufgrund eines mangelnden Enzyms Fruchtzucker nicht abbauen. Es kommt zu Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen oder Durchfall. Bei Kindern können Wachstumsstörungen oder Untergewicht auftreten.


Sorbit-Intoleranz: Sorbit zählt zu den sogenannten Zuckeraustausstoffen. Bei einer Unverträglichkeit kann der Stoff im Dünndarm nicht oder nur zum Teil abgebaut werden. Es kommt zu Bauchkrämpfen, Durchfällen oder Blähungen. Sorbit-Intoleranz kann alleine oder gemeinsam mit einer Fruktose-Intoleranz auftreten.