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Erbrecht: „Wichtiges Instrument, um Betriebe abzusichern“

Die Beschäftigung mit ihrem eigenen Testament ist für viele Menschen nach wie vor ein Tabuthema. Zu unrecht, sagt Markus Kaspar, Notar in Wien. Denn damit kann die Vermögensnachfolge bestmöglich geregelt und so Streit vermieden werden.

Testamente sind nach wie vor eher die Ausnahme als die Regel: Nur rund 20 Prozent der Österreicher:innen haben ein solches verfasst. Worauf führen Sie das zurück?

Markus Kaspar: Ich denke, das hängt damit zusammen, dass man dabei mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert wird. Das ist für viele Menschen ein Tabuthema. Gleichzeitig dürften viele Menschen etwaige Diskussionen im Familienkreis zu diesem Thema scheuen.

Aber dadurch lässt man sich doch eine gute Gelegenheit entgehen, um für eine klare Regelung zu sorgen ...

Das stimmt. Besonders Unternehmer:innen können dann, wenn es nicht schon zu Lebzeiten zu einer Übergabe kommt, mit einem Testament den Fortbestand des Betriebes absichern. Wichtig ist eine testamentarische Regelung auch für den Fall, dass man schon in jungen Jahren, etwa durch einen plötzlichen Autounfall, verstirbt.

Funktioniert das mit der gesetzlichen Erbfolge nicht?

Wenn es um einen Betrieb oder um Unternehmensanteile geht, rate ich immer zu einem Testament. Die gesetzliche Erbfolge reicht dann, wenn es ohnehin nur eine Person gibt, die alleine erbberechtigt ist.

Das heißt im Umkehrschluss: Wenn es mehrere potenzielle Erben gibt und ich genau festlegen will, wer was erbt, dann sollte ich ein Testament verfassen?

Richtig. Und zwar ganz besonders dann, wenn die gesetzliche Erbfolge nicht den Wünschen entspricht.

Kommen wir noch einmal zum Unternehmen bzw. den Unternehmensanteilen zurück: Warum ist ein Testament gerade in diesen Fällen so wichtig?

Ein Testament ist das beste Instrument, um den Fortbestand des Betriebes zu sichern. Ist keines vorhanden, kann es nämlich passieren, dass mehrere Personen, die überhaupt nicht miteinander arbeiten können, den Betrieb erhalten. Oder, die nicht die erforderlichen Fähigkeiten und Voraussetzungen besitzen. Ebenfalls schwierig wird es, wenn der Betrieb an eine:n minderjährige:n Erb:in fällt. Bei manchen Entscheidungen ist nämlich nicht allein die Erklärung des Obsorgeberechtigten erforderlich, sondern auch die Zustimmung des Gerichts. Dazu sind wiederum oft Gutachten erforderlich. All das kostet Zeit und Geld.

Mit einem Testament kann jedoch hingegen jemand zum Erben bestimmt werden, der / die willens und fähig ist, den Betrieb weiterzuführen. Oder, genau festlegen, wer wie viele Anteile erhalten soll. Auf diese Weise kann man also den Verkauf oder die Zerschlagung seines Lebenswerks verhindern.

Ein Argument, das in diesem Zusammenhang immer wieder gebracht wird, ist, dass es ja einen Gesellschaftsvertrag gibt …

Mit einem Gesellschaftsvertrag kann ich natürlich vieles regeln. Aber mit einem Testament kann ich diese Bestimmungen noch mehr präzisieren. Ein wichtiges Instrument ist auch der Pflichtteilsverzicht, wenn mehrere Erbberechtigte da sind.

Was sollte in diesem Fall genau geregelt werden?

Wer das Unternehmen bekommt und wie die weichenden Erben abgefertigt werden. Beispielsweise kann der Verzicht auf Unternehmensanteile mit Immobilien oder Barmitteln abgegolten werden. Das funktioniert natürlich nur dann, wenn eine einvernehmliche Regelung getroffen wird.

Das setzt allerdings voraus, dass rechtzeitig Privatvermögen aufgebaut wurde. Was passiert jedoch, wenn das nicht der Fall ist?

In diesen Fällen kann im Testament eine Pflichtteilsstundung angeordnet werden. Erb:innen des Unternehmens müssen in diesem Fall die anderen Pflichtteilsberechtigten nicht sofort, sondern erst in fünf, in Härtefällen mit Genehmigung durch das Gericht sogar in bis zu zehn Jahren auszahlen. Allerdings wird der Pflichtteilsbetrag in diesen Fällen mit den gesetzlichen Stundungszinsen verzinst – und die liegen bei vier Prozent.

Und wenn der Pflichtteilsverzicht kein Thema ist?

In diesem Fall bietet das Gesellschaftsrecht Möglichkeiten, um zu einer sinnvollen Lösung zu kommen. Man kann beispielsweise jenem Kind, das willens und fähig ist, den Betrieb zu führen, die Mehrheit der Anteile

vererben. Oder man trennt die Vermögens- und Stimmrechte, sodass Unternehmensnachfolger:innen zumindest die Stimmrechtsmehrheit eingeräumt wird.

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Sind Erben, die zu Lebzeiten der Erblasser:innen von diesen bereits Geschenke in der Höhe ihres Erb- oder Pflichtteils erhalten, automatisch abgefertigt?

Nur dann, wenn Sie in Form eines Notariatsakts oder gerichtlichen Protokolls erklären, für das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht vollkommen abgefunden zu sein und keine weiteren Erb- und/oder Pflichtteilsansprüche geltend zu machen. Das ist meines Erachtens in einer Unternehmerfamilie ein guter Weg.

Weshalb?

Wird der Pflichtteilsverzicht erst im Erbfall vereinbart, muss das Unternehmen, wenn es ein:e Pflichtteilsberechtigte:r verlangt, bewertet werden – ein schwieriges Unterfangen. Im gerade besprochenen Fall ist die Unternehmensbewertung nicht notwendig, in der Regel einigen sich nämlich die Familienmitglieder unter Mitwirkung des Erblassers / der Erblasserin, meist sind das die Eltern oder ein Elternteil, einvernehmlich auf einen Wert.

Welches ist für Sie der größte Fehler im Zusammenhang mit dem Testament?

Es gibt mehrere Fehler: Zum Beispiel, kein Testament zu verfassen, wenn die gesetzliche Erbfolge nicht den Wünschen oder den Umständen entspricht. Oder, dabei auf fachkundige Expertise zu verzichten. Einerseits wurden die Formvorgaben 2017 aus Sicherheitsgründen verschärft, Formalfehler können daher zur Ungültigkeit des Testaments führen. Andererseits liegt wie so oft der Teufel im Detail, in diesem Fall also in der Formulierung. Schreibt man beispielsweise, dass die Gattin die Universalerbin ist, aber dass nach ihrem Tod die Kinder alles erben, so kann das so interpretiert werden, dass eine Nacherbschaft angeordnet wird. In diesem Fall dürfte die Frau das Vermögen nur nutzen, sie kann aber keine weiteren Dispositionen treffen, wie beispielsweise das Unternehmen dem ihrer Kinder vererben, das am besten geeignet ist. Ein weiterer Fehler ist, ein bereits verfasstes Testament nicht regelmäßig auf seine Sinnhaftigkeit in Hinblick auf die aktuellen Lebensumstände zu überprüfen.

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