Wiener Rathausplatz: Der Christbaum bekommt eine Schönheitskur
Von Julia Schrenk
35 Männer haben den Christbaum am Donnerstag vor dem Wiener Rathaus aufgestellt. Aber er ist noch gar nicht gestanden, da gab es im Netz schon Aufregung darüber, wie hässlich der Baum denn sei.
Schon wieder.
„Hab’ schon schönere Bäume gesehen“, ist noch einer der harmloseren Kommentare, der auf Facebook hinterlassen wurde. „Der schaut so aus, wie wir uns alle dieses Jahr fühlen“, einer der schärfsten. Und dazwischen schreibt einer: „Für die Weana tut er’s“.
Seit 1959 wird der Christbaum, der vor dem Rathaus aufgestellt wird, jedes Jahr von einem anderen Bundesland gespendet. Mit Festakt wird er von beiden Landeshauptleuten illuminiert.
Besonders groß war die Empörung über den Christbaum vor zwei Jahren. Damals rümpfte man in Wien die Nase wegen des nur mäßig schönen Weihnachtsbaums aus Kärnten. 28 Meter war die Fichte aus der Gemeinde Metnitz hoch, per Sattelschlepper war sie von Kärnten nach Wien gebracht worden.
Den Aufwand goutierten die Wiener nicht: Nur der Christbaum in Rom sei noch hässlicher, hieß es damals. Und der Baum in Rom, der war damals wirklich keine Schönheit.
Heuer kommt der Christbaum aus Oberösterreich, konkret aus dem kleinen Örtchen Klaffer am Hochficht im Mühlviertel. Ganz genau aus dem Revier Holzschlag des Prämonstratenser-Chorherrenstifts Schlägl. 33 Meter ist die Fichte hoch und mehr als 200 Jahre alt.
Damit ist sie größer als die Christbäume, die in den vergangenen Jahren vor dem Rathaus aufgestellt wurden. Aber auch das vermag die Wienerinnen und Wiener nicht zu besänftigen.
Der Forstdirektor kann das zwar nicht nachvollziehen – „Der Baum ist wirklich nicht schirch“ –, überrascht ist er von dem Gesudere der Stadtbevölkerung aber nicht. „Der Wiener muss immer nörgeln. Sobald wir den Baum aufstellen, wird genörgelt.“
Allerdings: Die Suderei empört Januskovecz nicht, im Gegenteil. „Ich sehe das positiv. Das bedeutet, dass den Wienerinnen und Wienern ihr Christbaum wichtig ist.“
Die Wiener und ihr Christbaum. Da gehen die Emotionen halt auch einmal hoch.
Chirurgische Eingriffe
Der Baum jedenfalls wird jetzt einer Schönheitskur unterzogen. Die Stadtgärtner der MA 42 sind seit Freitag damit beschäftigt, den unteren Teil des Stammes mit zusätzlichen Ästen aufzuhübschen. Die Äste stammen zu einem großen Teil vom Baum selbst.
Reichen dessen Äste nicht aus, um den Stamm zu verschönern, nehmen die Förster sogar noch Äste von den Nachbarbäumen aus dem Wald mit, aus dem der Baum stammt.
Seit Freitag bohren die Stadtgärtner nun zusätzliche Löcher in den Stamm und schrauben diese Äste an. Dafür werden sie sogar von einer Hebebühne 33 Meter in die Höhe gehievt. Und Januskovecz kann beruhigen: „So viel müssen wir da gar nicht machen“, sagt er.
Dass der Baum kurz nach der Anreise nicht ganz perfekt ist, ist wenig verwunderlich. Nachdem er (mithilfe zweier Kräne) im Wald umgelegt wurde (gefällt kann so ein Riesenbaum nämlich nicht werden), wird er auf einen Sattelschlepper gelegt und via Sondertransport des nächtens nach Wien geliefert.
Damit er überhaupt in die Stadt einreisen darf, braucht es eine Sondergenehmigung und ein OK aus derselben Nacht (solange das nicht da ist, muss der Baum auf einem Parkplatz neben der SCS auf seine Weiterreise warten).
In Wien wird der Baum neben der Votivkirche auf einem Lkw zwischengeparkt und wartet dann auf seinen großen Auftritt.
Und wer lange liegt, ist bekanntlich manchmal verknittert.