„Blümel lügt“: Neos schließen Koalition mit ÖVP aus
Parteitage vor anstehenden Wahlen sind üblicherweise Hochfeste der inszenierten guten Laune. Fröhlich lachende Menschen tummeln sich in einem möglichst vollen Saal um Plakate, Ballons und sonstige in der jeweiligen Parteifarbe gehaltenen Deko-Elemente, um Optimismus zu versprühen und Aufbruchsstimmung zu signalisieren.
Die Landesversammlung der Wiener Neos am Samstag im Studio 44 im 3. Bezirk wirkte eher wie eine Familienfeier, auf die man sich irgendwie gefreut hat – aber eigentlich hätte man auch etwas anderes zu tun.
Das war freilich nicht der mangelnden Motivation der Pinken, sondern vielmehr den Umständen geschuldet. Einerseits trägt das dreistufige, offene Vorwahlsystem dazu bei, nicht nur fröhliche, sondern auch enttäuschte Gesichter zu produzieren. So wie jenes von Gemeinderat Thomas Weber etwa, der diesmal nur auf Listenplatz 8 gewählt wurde und sich damit wohl aus dem Rathaus verabschieden wird.
Andererseits hilft es natürlich auch nicht, wenn der Parteitag unter strengen Corona-Schutzmaßnahmen ablaufen muss. Nur 100 Personen durften überhaupt kommen, und auch die mussten sich mit Masken im Raum bewegen. Auch auf das übliche Buffet musste verzichtet werden, gerade einmal Kaffee, Tee und Säfte gab es.
Die Neos versuchten, das Beste daraus zu machen, strafften die Veranstaltung und entließen alle Teilnehmer nach drei Stunden pünktlich ins Wochenende.
Absage
Freilich erst nach dem Höhepunkt: Der Kür von Christoph Wiederkehr zum Spitzenkandidaten. Trotz zweier Gegenkandidaten, darunter Café-Eiles-Chef Gert Kunze, wurde Landessprecher Wiederkehr mit 88,1 Prozent gewählt. Und sorgte in seiner anschließenden Rede dann doch noch für einen Aufreger: Eine Koalition mit der ÖVP sei für die Neos ausgeschlossen, sagte er. Finanzminister und Spitzenkandidat Gernot Blümel habe nicht nur im Ibiza-U-Ausschuss gelogen, sondern benutze die Wien-Wahl auch nur als Bühne.
Ob es klug sei, sich damit den einzig realistischen Koalitionsweg zu verbauen?
Die Frage stelle sich nicht, es sei eine Sache der „prinzipiellen Überzeugung“, nicht mit der „Blümel-ÖVP“ zusammenzuarbeiten, sagt Wiederkehr. Außerdem hätten die Neos „auch in der Opposition viel bewegen können“.
Auf ein Wahlziel wollte sich Wiederkehr nicht festlegen lassen, nur: „Stärker werden“ sei die Parole. 6,2 Prozent waren es 2015.