Video zeigt mutmaßlichen Polizeiübergriff bei Protestcamp-Räumung
Im Zusammenhang mit der Räumung eines Protestcamps in der Wiener Lobau dürfte es am vergangenen Dienstag zu einem Polizeiübergriff gekommen sein. Auf einem Video, das die Aktivistinnen und Aktivisten von "LobauBleibt" am Donnerstag öffentlich machten, ist zu sehen, wie mehrere Beamte einen jungen Burschen von einem Bagger ziehen, der sich mit den Füßen festzukrallen versucht. Ein Beamter versetzt dem jungen Mann daraufhin einen - deutlich sichtbaren - Fußtritt.
Der junge Mann verliert das Gleichgewicht, fällt vom Bagger und wird von Beamten "aufgefangen", die sich unter bzw. vor dem Bagger befinden. Der Betroffene sei nicht nur ungesichert vom Bagger gezerrt worden, man habe ihn obendrein "mit einem Fußtritt aus über zwei Metern Höhe hinuntergestoßen", hielten die Aktivistinnen und Aktivisten in einer Aussendung fest. Der junge Mann sei "aus purem Glück" unverletzt geblieben. Bei dem Betroffenen handle es sich um einen jungen Mann Anfang 20, der sich auf KURIER-Anfrage nicht öffentlich äußern wollte.
Der zutretende Polizist habe "einfach die Geduld verloren", stellte "LobauBleibt"-Sprecherin Anna Kontriner im Gespräch mit der APA fest. "Es war unfassbar, diese Szene zu beobachten. Nachdem die Person am Boden gelandet und nicht mehr aufgestanden ist, wollte ich zu ihr hin, aber das Gelände war abgeriegelt und von Polizistinnen und Polizisten umstellt", meinte Kontriner.
Auf KURIER-Anfrage sagte "LobauBleibt"-Sprecherin Lucia Steinwender am Mittwoch, dass die Polizei bei der zweiten Baustellenbesetzung "sehr brutal vorgegangen" sei: "Die Beamten haben die Aktivistinnen und Aktivisten ziemlich gewaltsam vom Bagger runtergezerrt". Laut ihren Angaben wurde die Baustelle von rund 100 Personen besetzt.
Steinwender sprach am Mittwoch von einem möglichen Vorfall in der Anfanggasse, bei dem ein Aktivist, nachdem er vom Bagger "runtergezerrt" wurde, von einem Beamten getreten worden sein soll. Weitere Details waren nicht bekannt.
Polizei überprüft die Anwendung der Körperkraft
Wie die Polizei im KURIER-Gespräch bestätigte, wurde die gesamte Amtshandlung durch Einsatzkräfte der Wega unter "größtmöglicher Schonung der Personen" durchgeführt. Die Aktivisten wurden nach Angaben der Polizei bei der Bergung über die gesamte Zeit von mehreren Beamten gesichert, um Verletzungen vorzubeugen.
"Die gesamte Amtshandlung ist schriftlich als auch mittels Videos dokumentiert. Die Anwendung der Körperkraft gegen das Bein des Aktivisten wurde bereits zur Überprüfung an das Referat für besondere Ermittlungen weitergeleitet", sagte Polizeisprecher Mohamed Ibrahim.
Noch am Mittwochnachmittag konnte die Polizei den Vorfall nicht bestätigen: "Bei der Baggerbesetzung waren Einsatzkräfte der Wega sowie der Einsatzeinheiten vor Ort. Die Seiltechniker der Wega haben die Verbringung der Aktivisten von den höheren Baustellenfahrzeugen übernommen, die Beamten der Einsatzeinheiten, die der an niedrigeren Arbeitsgeräten", sagte Sprecherin Barbara Gass dem KURIER.
Den Vorwurf, dass die Polizei "sehr brutal vorgegangen sei", kommentierte Gass wie folgt: "Uns ist noch kein Handlungsvorwurf geäußert worden, auch Verletzungen im Zuge der Amtshandlungen sind nicht bekannt". Laut Gass hat sich ein Aktivist etwas mehr als der Rest der Protestierenden gewehrt, weshalb der Eindruck erweckt wurde, dass es sich um kein kontrolliertes Runterbringen vonseiten der Beamten handle.
Bewegung prüft weiteres Vorgehen
Der junge Mann war nach dem Vorfall von der Polizei weggebracht und wegen Verwaltungsübertretungen - er hatte seine Identität nicht bekanntgegeben - bis Mittwochnachmittag im Polizeianhaltezentrum (PAZ) angehalten worden. Derzeit wird seitens "LobauBleibt" das weitere Vorgehen abgeklärt. Ob der Fall zur Anzeige gebracht wird, hängt von der Zustimmung des in Mitleidenschaft gezogenen Aktivisten ab.
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