Naturbestattungen stehen bei jungen Wienern hoch im Kurs
Von Bernhard Ichner
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, sich nach dem Ableben statt in einem Grab unter einem Baum im Wald beerdigen zu lassen? Noch sind Naturbestattungen in Österreich zwar ein Randphänomen. Das könnte sich in den kommenden Jahrzehnten aber ändern.
Wie eine aktuelle Umfrage von Meinungsforscher Peter Hajek im Auftrag der "Friedhöfe Wien" zeigt, machen der gesellschaftliche Wandel und der Trend zum Individualismus auch vor Begräbnistrends nicht Halt. So können sich unter 800 Befragten ab 30 Jahren 66 Prozent eine alternative Bestattungsart "sehr gut" oder "eher" vorstellen. 2012 waren es noch 34 Prozent.
Auffällig ist, dass sich vor allem jüngere Menschen, Befragte aus höheren Bildungsschichten, Menschen ohne religiöses Bekenntnis sowie Protestanten ("warum auch immer", wie Hajek meint) für eine alternative Bestattungsart erwärmen können.
Strauchgräber als Schlusslicht
Hoch im Kurs stehen da vor allem Wald- und Baumbestattungen (70% Zustimmung), die letzte Ruhe gemeinsam mit anderen rund um einen Familien- oder Freundschaftsbaum (66%) und Rasengräber (49%). Noch nicht so hoch ist die Begeisterung für Strauchgräber (statt um einen Baum werden biologisch abbaubare Urnen rund um einen Strauch begraben) - das können sich aktuell aber nur 36 Prozent vorstellen.
Die Motive für eine Naturbestattung reichen von praktischen Überlegungen bis hin zu romantischen Vorstellungen. So gaben 86 Prozent den Umstand, dass niemand das Grab pflegen müsse, als besonders erstrebenswert an. 79 Prozent würden die Nähe zur Natur schätzen und 77 Prozent wären gern in den Kreislauf der Natur eingebunden. 74 Prozent wollen, dass es nach ihrem Ableben ruhig und friedlich ist (wobei Hajek anmerkt, dass das eigentlich unabhängig von Standort und Bestattungsart garantiert werden könne).
Ebenfalls 74 Prozent wollen nur die Kosten gering halten. 63 Prozent gefällt, dass Naturbestattung eine individuelle Grabform wäre. Und 48 Prozent gefällt einfach die Vorstellung vom herkömmlichen Grab mit Grabstein nicht so gut.
Muslime suchen Gemeinschaft
Alles in allem plädieren allerdings 54 Prozent für eine individuelle Grabanlage - für sich und ihre Familie. Insbesondere Katholiken und sogenannte Hard-Visitors, also Menschen, die regelmäßig Friedhöfe besuchen. Unter Muslimen ist dagegen der Anteil derer, die sich ein Gemeinschaftsgrab vorstellen können, höher.
Die Friedhöfe Wien haben auf die Entwicklung bereits reagiert und ihr Angebot im Bereich der alternativen Bestattungsformen ausgebaut. So gibt es auf dem Wiener Zentralfriedhof bereits zwei Waldfriedhöfe, auf dem Gelände der Feuerhalle Simmering einen gärtnerisch geplegten Urnengarten sowie Familien und Freundschaftsbäume auf auf dem Stammersdorfer Zentralfriedhof.
Zudem sei beim Friedhof Neustift ein weiterer Waldfriedhof geplant, sagt Geschäftsführerin Renate Niklas. Wie berichtet, bietet der Orden der Resurrektionisten seit Kurzem auch auf dem kleinen Kahlenberger Waldfriedhof Naturbestattungen an.
Die Wiener sind jedenfalls mit ihren Friedhöfen zufrieden. 79 Prozent finden deren Gesamterscheinungsbild "sehr gut" oder "gut".