Mamas Werkstatt: Neue Chance für alleinerziehende Mütter in Not
Von Anya Antonius
Nur wenige Schritte vom Stephansdom entfernt, im Hofdurchgang des Zwettlerhofes, liegen in einem Schaufenster bunte Stofftascherl, Handpuppen, Hauben und gehäkelte Wollherzen. Der helle, freundliche Raum dahinter ist Verkaufsraum und Werkstatt zugleich. Hier ist das Reich von Waltraud Kaufmann, der Leiterin von Mamas Werkstatt und vier Näherinnen.
Die vier verbindet ein Schicksal: Sie sind alleinerziehende Mütter, haben einen Migrationshintergrund der ersten oder zweiten Generation und sind in eine Notsituation geraten. Denn in das Arbeitsintegrationsprojekt der St. Elisabeth-Stiftung kommen Frauen, die entweder in einem Mutter-Kind-Haus untergebracht sind oder sich an die Beratungsstelle der Stiftung gewandt haben. Sie alle haben einen schweren Weg hinter sich, erzählt Kaufmann: "Viele sind von Wohnungslosigkeit betroffen, haben Gewalt in der Partnerschaft erlebt, waren auf der Flucht oder kommen aus der Sexarbeit. Sie haben überhaupt kein soziales Netz."
Fuß fassen
Im Projekt der St. Elisabeth-Stiftung, das von Bundeskanzleramt, Integrationsfond, Erzdiözese und privaten Spenden gefördert wird, werden sie auf den österreichischen Arbeitsmarkt vorbereitet. Denn für viele hier, so erzählt Kaufmann, ist es der erste reguläre Job überhaupt - oder zumindest der erste in Europa. "Wir haben auch Frauen hier, die es gewohnt waren, von ihren früheren Vorgesetzten geschlagen zu werden. Das sind ganz andere Dimensionen."
Aus der Zeit in Mamas Werkstatt - 21 Stunden pro Woche - sollen sie gestärkt und informiert hervorgehen. Denn hier geht es viel um Grundlagen: Wie beantrage ich Pflegezeit? Warum ist Pünktlichkeit wichtig? Wie schreibe ich eine Bewerbung? Wie bekomme ich eine Zeitbestätigung beim Arzt? Solche und ähnliche Fragen werden täglich besprochen, erzählt Kaufmann. Eine große Hilfe sind dabei die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, die den Frauen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Stärken und stabilisieren
Sechs bis zwölf Monate dauert die Anstellung in der Werkstatt. Zeit, in der die Frauen einfache Näh- und Stickarbeiten erlernen, einen stabilen Tagesrhythmus und nicht zuletzt ihr Selbstwertgefühl stärken - und ganz nebenbei ihre Deutschkenntnisse verbessern. Und nach Mamas Werkstatt geht es für die Frauen mit den erworbenen Fähigkeiten in den "richtigen" Arbeitsmarkt - oder in die Ausbildung. "Eine Frau hat jetzt gerade gekündigt, weil sie einen Ausbildungsplatz bekommen hat - das freut uns sehr", erzählt Kaufmann stolz. Ziel ist es schließlich, dass die Frauen auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen und für sich und ihre Kinder eine finanziell stabile Existenz aufbauen können.
Zufriedene Kunden
Bei den Stammkunden - darunter auch viele Pfarren - und der Laufkundschaft kommt das Angebot gut an. Neben den selbstgenähten Einzelstücken, die man vor Ort kaufen kann, übernehmen die Näherinnen auch Stick-, Reparatur- und Änderungsarbeiten. "Wir übernehmen grundsätzlich alle textilen Aufträge. Und wir arbeiten ausschließlich mit gespendetem Material", sagt sie und hält ein weißes Taufkleidchen aus upgecycelten Spitzenleintüchern hoch. Auch das gibt es hier zu kaufen.
Von den Anfängen des Projekts ist es ein weiter Weg: Im ersten Coronalockdown stellten die Frauen zu Hause auf gespendeten Nähmaschinen Stoffmasken für Kinder und Apothekenangestellte her. So fing alles an, seither haben acht Frauen hier eine Anstellung gefunden - und eine neue Chance.