Chronik/Wien

Ludwig in TV-Duell: "Kann mir autofreie Innenstadt nicht vorstellen"

Je näher ein Wahlsonntag rückt, desto vorhersehbarer werden die TV-Duelle. Das gilt natürlich auch im aktuellen Wien-Wahlkampf. Wenn die Protagonisten Fragen nicht beantworten und ihre eingelernten Phrasen im Wortlaut auf verschiedenen Sendern wiederholen, dann sind kleine Überraschungen umso wohltuender.

Und eine solche gab es am Montagabend auf ORF III bei "Politik live".

Zu Gast bei ORF-III-Chefredakteurin Ingrid Thurnher und ORF-Wien-Chefredakteur Paul Tesarek waren die Spitzenkandidaten von SPÖ und Grünen, FPÖ und Neos sowie von ÖVP und Team HC. Gleich zu Beginn stand das Koalitionsduell an: Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gegen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne).

Und in diesem ließ Ludwig aufhorchen: "Ich kann mir eine autofreie Innenstadt, so wie das propagiert worden ist, nicht vorstellen", sagte er.

Prüfung ausständig

Zur Erinnerung: Hebein will (noch vor der Wahl am 11. Oktober) im 1. Bezirk eine Fahrverbotszone (mit vielen Ausnahmen) einrichten. Ludwig hatte zwar ein Machtwort in den Raum gestellt, sich aber eher vorsichtig zu dem Vorhaben geäußert: So hatte er hatte etwa auf das notwendige "Miteinander aller Verkehrsteilnehmer" verweisen und vor "Schnell-Schnell-Lösungen" gewarnt.

Derzeit prüfen Juristen im Rathaus Hebeins Verordnung, mit der das Fahrverbot umgesetzt werden soll. Auf diese Prüfung verweist Ludwigs Umfeld nach wie vor: Seine abschließende Meinung werde der Bürgermeister erst kundtun, wenn die Rechtsabteilung ihr Urteil gefällt habe.

Hebein zeigte sich auf Sendung dennoch überzeugt, dass die "autofreie City" Realität werden wird - und stichelte gegen die Roten: "Die SPÖ zögert hier sehr." Die Grünen seien dagegen der "Erfolgsmotor", wie schon beim 365-Euro-Jahresticket für die Öffis.

Rot-Türkis oder Rot-Grün?

Abseits vom Bereich Verkehr sowie der Corona-Krise (und dem Eigenlob von Ludwig und Hebein für das Krisenmanagement der Stadtregierung) drehte sich das Duell vor allem um mögliche Koalitionen.

Wobei sich Ludwig - im Gegensatz zu Hebein, die für Rot-Grün III plädierte - nicht festnageln ließ. "Das werden die Wählerinnen und Wähler entscheiden", sagte er zu einer etwaigen SPÖ-ÖVP-Koalition. Was Hebein zu der - etwas theatralischen - Frage "Du lässt dir das noch immer offen?" hinriss.

Einig in Kritik an Regierung

Einigkeit herrschte im nächsten Duell bei FPÖ-Boss Dominik Nepp und Neos-Chef Christoph Wiederkehr - zumindest am Anfang. Die Bundes-, und insbesondere die Stadtregierung reagierten falsch auf die Corona-Krise, erklärten die beiden sinngemäß. Nepp kritisierte die Corona-Ampel, Wiederkehr "Schikanen" durch immer neue Gesetze.

Unterschiede wurden beim Thema Integration und beim Zugang zum politischen System deutlich: Nepp warnte vor dem "Überhandnehmen des politischen Islam" und verteidigte den umstrittenen Posten des nicht-amtsführenden Stadtrats, Wiederkehr plädierte für ein "weltoffenes Wien" und wetterte gegen "sinnlose Versorgungsjobs".

Debatte um Menasse-Posting

Viel bereits Gehörtes folgte beim Aufeinandertreffen von Gernot Blümel, ÖVP-Spitzenkandidat sowie Finanzminister und Team-HC-Chef Heinz-Christian Strache: angefangen vom türkisen Lob für Österreichs Umgang mit der Corona-Pandemie über die Strache-Kritik an den PCR-Tests bis hin zu der Frage, welche der beiden Parteien die jeweils andere inhaltlich kopiere. 

Die heftigste Auseinandersetzung spielte sich in dieser Konfrontation nicht zwischen den Gästen, sondern zwischen Blümel und Moderatorin Thurnher ab. Nämlich, als es um das gelöschte Posting des Künstlers Robert Menasse auf Blümels Facebook-Seite und dessen Begründung, man wolle "NS-Gedankengut keinen Raum geben" ging.

"Nehmen Sie das zurück", forderte Blümel Thurnher auf. "Ich bin persönlich enttäuscht von Ihnen."

So sehr es Moderator Tesarek zum Schluss auch versuchte: Zu einem klaren Lob für die Begegnungszone auf der Mariahilfer Straße ließ sich weder Blümel noch Strache hinreißen.

Immerhin: Die erste Ausgabe von "Politik live" hat sich von anderen Formaten dadurch unterschieden, dass vor allem über Wien geredet wurde - und nicht über Bundespolitik. Auch wenn es nur bei einer kleinen Überraschung blieb.