Krankenhaus Nord: „Von einem Vollbetrieb kann keine Rede sein“
Von Josef Gebhard
Etwas still geworden ist es in den vergangenen Wochen rund um das Krankenhaus Nord. Dabei steht dieser Tage ein wichtiger Meilenstein in der wechselhaften Geschichte des Großspitals in Wien-Floridsdorf an: Ende September soll die Klinik, die wegen Mehrkosten und Bauverzögerungen jahrelang für Negativ-Schlagzeilen sorgte, endlich in Vollbetrieb gehen. Das kündigte der Krankenanstaltenverbund (KAV) noch im Sommer an.
Doch hat es der KAV geschafft, zumindest diesen Termin einzuhalten? Aufschluss sollte eine Videobotschaft geben, mit der sich KAV-Direktor Herwig Wetzlinger am Freitag an die Mitarbeiter richtete. Vielmehr sorgt sie aber erst recht für Verwirrung. „Das Krankenhaus Nord ist nun wie geplant im Vollbetrieb“, betont Wetzlinger im Video, um gleichzeitig einzuräumen, dass auf der Kinder- und Jugendpsychiatrie nach wie vor keine personelle Vollbesetzung bestehe. Weiterhin würden „drei bis vier Mediziner“ fehlen, sagt eine KAV-Sprecherin auf Nachfrage.
Weiters, so Wetzlinger, würde die Leistungsentwicklung „noch keiner vollständigen Auslastung“ der in Betrieb befindlichen Strukturen entsprechen.
Viele Baustellen
Für KAV-Mitarbeiter, die nicht namentlich genannt werden wollen, ist das bloß eine Umschreibung dafür, dass der Vollbetrieb eben noch nicht erreicht wurde. An allen Ecken und Enden fehle Personal, so könnten derzeit zwei der 16 OP-Säle nicht betrieben werden, weil es keine Krankenschwestern gebe. Unfallchirurgische Patienten würden weiterhin im Donauspital operiert. Personalengpässe gebe es auch in der Zentralen Notaufnahme und in der Kinderabteilung.
„Von einem Vollbetrieb kann keine Rede sein“, sagt Wolfgang Weismüller, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer. „Dazu müsste man die Ansprüche schon sehr nach unten schrauben.“
Die KAV-Sprecherin bestätigt die Sperre zweier OP-Säle. Um trotzdem dieselbe Leistung zu erbringen, habe man bei den anderen Sälen die Betriebszeiten ausgeweitet.
Der neue Primar der Ortho-Traumatologie werde gemeinsam mit fünf Ärzten am 1. Oktober seine Arbeit aufnehmen. Damit sei das Team komplett. Bestimmte Operationen werde man aber auch künftig im Partnerkrankenhaus Donauspital durchführen, erklärt die Sprecherin.
Zu den Engpässen in der Notaufnahme und der Kinderabteilung: „Wir sind im Moment dabei, die Prozesse zu optimieren. Bei Vollbetrieb und optimierten Abläufen wird auch der Personalbedarf erneut evaluiert und gegebenenfalls nachjustiert.“
Vollauslastung bedeute das Erreichen der geplanten Leistungszahlen, sagt die KAV-Sprecherin. Ob sie erreicht werden, könne man erst ein Jahr nach Beginn des Vollbetriebs feststellen.