Chronik/Wien

Krankenhaus Nord: Die Lehren aus einem Jahr U-Kommission

20 Sitzungen, 59 Zeugen, die insgesamt mehr als 160 Stunden lang befragt wurden, schriftliche Beweismittel im Umfang von 14,2 Gigabyte. So sieht die rein technische Bilanz der U-Kommission zum Krankenhaus Nord aus.

Am kommenden Montag geht mit der Befragung von Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, derzeitige Generaldirektorin des Krankenanstaltenverbunds (KAV), die letzte reguläre Sitzung über die Bühne, ehe am 26. April die U-Kommission ihren Abschluss findet. Mit einem offiziellen Abschlussbericht der rot-grünen Mehrheit und einen Minderheitenbericht, den die FPÖ kraft ihrer Mandatsstärke alleine einbringen kann. Weiters wird es einen inoffiziellen Bericht der ÖVP im Gemeinderat geben.

Bild bleibt diffus

Verworrene Verhältnisse, die sinnbildlich für die zwiespältige Bilanz der einjährigen Untersuchung sind: Denn das Ziel, die Klärung der Verantwortung für das Milliarden-Desaster, wurde nur bedingt erreicht. Im Zeugenstand schoben die KAV-Manager sie auf ihre jeweiligen Vorgänger und Nachfolger ab oder wälzten die Schuld auf die Politiker ab, die ihrerseits wieder mit dem Finger auf die Manager zeigten.

Entsprechend unterschiedlich fallen die Bewertungen der Oppositionsfraktionen aus. Noch am klarsten ist das Urteil von FPÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl: „Als SPÖ-Gesundheitsstadträtin zwischen 2007 und 2017 fällt Sonja Wehsely eindeutig die Hauptverantwortung zu“, ist er überzeugt. Ihr sei es auch anzulasten, dass die erfahrenen KAV-Manager Wilhelm Marhold und Maximilian Koblmüller 2013/14 das Unternehmen verließen bzw. unfreiwillig gehen mussten.

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„Ihre beiden Nachfolger, die Herren Udo Janßen und Thomas Balazs, haben von der Materie de facto keine Ahnung gehabt“, kritisiert Seidl. „Natürlich lief auch vorher schon nicht alles optimal, aber das Projekt war noch relativ gut im Griff.“

„Im Detail ist es schwierig, die politische Verantwortung festzumachen, aber so ohne weiteres abputzen können sich Wehsely und Ex-Bürgermeister Michael Häupl auch nicht. Sie hätten eingreifen müssen, als die ersten Probleme bekannt wurden“, sagt Neos-Gesundheitssprecher Stefan Gara.

Baubüro

Dass das Projekt erst mit dem Abgang Marholds aus dem Ruder geriet, glaubt er nicht: „Bei jedem großen Projekt werden die wesentlichen Hebel schon zu Beginn gestellt.“ Gara begrüßt, dass jetzt der KAV eine eigene GmbH mit bekommt, die künftige Bauvorhaben managen soll (der KURIER berichtete).

Auch ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec sieht die Hauptverantwortung bei Wehsely und Häupl. „Er hat ausgesagt, von den ersten Problemen 2014 aus den Medien erfahren zu haben. Das sagt eigentlich alles. Und Wehsely hat bei ihrer Befragung am Freitag betont, sie würde alles noch einmal so wie damals machen. Das ist unglaublich.“

Dass der KAV jetzt ein eigenes Baubüro bekommt, hält die ÖVP-Gemeinderätin für einen „ersten richtigen Schritt“. Eine solche Organisation müsste es aber für alle Bauprojekte der Stadt geben.

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