Chronik/Wien

Donaustadt: Gemüse einkaufen wie die Spitzenköche

An der Stadtgrenze von Wien – von der U2-Station Aspern Nord fährt man 20 Minuten mit dem Bus – befindet sich eine besondere Gärtnerei: die Gärtnerei Bach in der Hänischgasse 17. Hier, in Essling, kaufen Wiens Spitzenköche ein. Das hier gezogene Gemüse wird etwa im Steirereck (5 Hauben), im Mraz & Sohn (4 Hauben) oder bei Silvio Nickol im Palais Coburg (5 Hauben) verarbeitet.

„Die Paradeiser sind hergerichtet“, sagt Chefin Eveline Bach am Telefon. Neben ihr zischen drei Katzen namens Nummer eins, Stummel und Jammerlappen durch die Glashäuser. Auch ihr Mann Mario ist bei den Vorbereitungen dabei. Am anderen Ende der Leitung ist wohl einer der Köche. Man kenne sich und man pflege eine gute Beziehung zueinander, sagt Eveline. Die meisten Köche seien durch Mundpropaganda auf den Betrieb gestoßen – und durch die „Liebe zum Produkt“. „Wir gehen auch bei unseren Kunden essen. Es ist schön, wenn man sieht, was aus dem vielen Gemüse schließlich wird“, erzählt sie.

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Gesellschaftsknoblauch

Unterdessen schneidet Mitarbeiterin Jasmin Zeiler Kräuter. Davon gibt es bei den Bachs genug: Alleine 30 Minzsorten – von der Grapefruitminze bis zur Erdbeerminze. Weiters: „Society Garlic“ (Gesellschaftsknoblauch), mexikanisches Pfefferblatt (wie Pfeffer einsetzbar), Cola-Kraut (was sich zur Wermut-Produktion eignet). Zudem bietet man essbare Blüten an.

Zeiler bereitet kleine Schalen für die Kunden vor. „Diese Artenvielfalt gibt es nirgends“, sagt die 24-Jährige, bevor sie in eines der vielen Glashäuser geht. Sie holt von dort Aurora-Chili. Diese Sorte hat einen Schärfegrad von 5 bis 6 auf der Scoville-Skala und violette, orangefarbene und rote Früchte. Sehr dekorativ – so wie es den Haubenköchen gefällt.

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Früher war bei den Bachs alles anders: Die Gärtnerei befand sich ursprünglich in Hirschstetten. 1899 wurde sie gegründet. Eveline Bachs Großmutter lieferte die Gemüsekisten damals noch mit dem Pferdefuhrwerk aus. Zuerst zu den Marktständen am Hof, später am Naschmarkt. Bachs Vater trat später der LGV Frischgemüse – einer Genossenschaft von Gemüseproduzenten, die Supermärkte beliefern – bei und produzierte im großen Maßstab. Tonnenweise Salate oder Gurken wurden für Abnehmer wie den Unilever-Konzern gezogen. Eveline Bach fing in dieser Zeit quasi mit der Direktvermarktung an: Sie verkaufte im kleinen Stil Gemüse an die Nachbarn.

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Für die Bachs – Eveline führt den Betrieb mittlerweile mit ihrem Mann Mario – tat sich neben dem Direktverkauf bald die nächste Herausforderung auf: die Gastronomie. „Könntet ihr neben den normalen Gurken auch eine Melothria (mexikanische Minigurke) anbauen?“ „Gibt es neben den normalen Melanzani auch gestreifte?“ So hätten die Anfragen gelautet, sagt Eveline. 2017 verließ sie mit Mario Hirschstetten und zog komplett auf den einstigen Zusatzstandort in Essling. Mit ein Grund: die geplante Stadtstraße. Neben der Baustelle und später neben einer vierspurigen Straße wollten die Bachs kein Gemüse anbauen.

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Liebe zum Detail

„Es war unser Weg, nicht in die Größe zu gehen, sondern ins Detail“, sagt Eveline. „Das eine ist eine Fabrik, das andere eine Werkstatt“, so Mario. Jede Kultur wächst bei den Bachs in Erde und nicht wie so oft in Substrat. Von den 7.000 Quadratmetern überdachter Fläche und den 12.000 Quadratmeter Freilandfläche bleibt so mancher Fleck bewusst frei. Gepflückt wird nur, was wirklich reif ist. Derzeit sind das die Paradeiser: Da gibt es Ananas-Paradeiser (groß, rot) und Zitrina (gelb wie eine Zitrone).

Von all dem sind auch Köche außerhalb von Wien entzückt: Etwa Josef Floh vom Restaurant Floh (3 Hauben) aus Niederösterreich oder Max Stiegl (Koch des Jahres 2021) vom Gut Purbach aus dem Burgenland. Und im Taubenkobel in Burgenland schwört man auf die Mini-Gurken der Bachs: Die gibt es dort zum Frühstück.

 

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