Betrüger richteten als falsche Polizisten 4,5 Millionen Euro Schaden an
Von Konstantin Auer
Über 200 vollendete Delikte und 500 Versuche werden der Bande bereits zugerechnet. Der Schaden für die Opfer soll insgesamt 4,5 Millionen Euro betragen. Seit Oktober 2018 ermittelt das Wiener Landeskriminalamt gegen die Betrüger, die vor allem ältere Personen hauptsächlich in Wien, aber auch in anderen teilen Österreichs sowie in Belgien, den Niederlanden und in Luxemburg um ihre Ersparnisse brachten.
Sogar eine eigene Ermittlungsgruppe wurde eingerichtet - nun gelang ihr ein wichtiger Schlag gegen die engsten Vertrauten des Hauptverdächtigen, der sich in der Türkei versteckt.
Ihr Trick ist simpel, aber effektiv: Mit verstellten Telefonnummern rufen sie Senioren an und stellen sich als Kriminalbeamte vor. "Lukas Winkler" oder "Oberinspektor Grünberger" erklären, sie hätten die Namen ihrer Opfer auf Listen von Kriminellen gefunden. Da ein Einbruch drohe, müssten Wertgegenstände aus der Wohnung der Opfer abgeholt werden. Mehrere Abholer, die teils mit falschen Polizeiausweisen arbeiten, kümmern sich dann um den Rest. Sie fahren zu den Wohnungen und sammeln die Beute ein.
Alle Ersparnisse werden mitgenommen
Die Bande ist bestens organisiert - haben die Opfer ihr Geld auf der Bank, dann kommen sogar sogenannte "Fahrer" zum Einsatz. Sie begleiten die Senioren zum Geldautomaten oder zum Schalter ihrer Bank. Mitgenommen wird so gut wie alles: Goldmünzen, Schmuck, elektronische Geräte - einfach "alles, was die Leute ihr ganzes Leben angespart haben", wie der Wiener Landespolizeidirektor Gerhard Pürstl schildert.
Mehrere Abholer wurden bereits verhaftet, auch Urteile gab es schon. Doch der Kopf der Bande, er heißt vermutlich Kerim Y., wiegt sich in der Türkei in Sicherheit. Er arbeitete in der Vergangenehit als Taxifahrer in Wien und baute sich so sein Netzwerk auf. Als Komplizen dienten Familien, die teils türkische, serbische und österreichische Staatsbürger und deren Mitglieder zwischen 15 und 62 Jahre alt sind.
Nun konnten die Ermittler des Wiener Landeskriminalamt am 30. Juni in Wien aber seine engsten Vertrauten festnehmen. Dabei soll es sich laut Michael Mimra, dem stellvertretenden Leiter des Landeskriminalamts, um die Mutter und die Schwester des Hauptverdächtigen handeln. Schon öfter seien sie für kurze Zeit nach Wien gereist, um die Beute einzusammeln und in die Türkei zu schaffen. Dabei verwendeten sie auch präparierte Bonbonniere-Schachteln zum Schmuggeln.
Insgesamt wurden neun enge Vertraute des Hauptverdächtigen festgenommen. Darunter eine serbische Familie, im alter von 15 bis 62 Jahren, die die Beute in Österreich gebunkert haben soll.
Bande wurde Handwerk gelegt
"Der Einsatz musste wegen des kleinen Zeitfensters genau geplant werden", sagt Dietmar Berger, stellvertretender Leiter des Ermittlungsdienstes. Und es hat geklappt: Um 5 Uhr in der Früh wurden mit Hilfe der Spezialeinheit Wega acht Häuser durchsucht. Es wurden tausende Euro, Schmuck und Goldmünzen sichergestellt.
Durch die Ermittlungen sei es bereits zu einem Rückgang bei derartigen Fällen gekommen, sagt Mimra. Nun hofft man, der Bande das Handwerk zur Gänze gelegt zu haben, obwohl die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Erst Dienstagfrüh gab es wieder Hausdurchsuchungen, bei denen fünf hochpreisige Autos, ein Motorroller und 85.000 Euro in bar beschlagnahmt wurden. Dass die Beute vollständig zurückerstattet wird und auch dass Kerim Y. nach Wien ausgeliefert wird, sei aber unwahrscheinlich.
"Die Zusammenarbeit mit Interpol funktioniert gut, aber da der Hauptverdächtige sich als türkischer Staatsbürger in seiner Heimat aufhält, wird eine Auslieferung schwer zu erreichen sein", sagt Mimra. Zudem gibt es bisher nur einen europäischen Haftbefehl. Das Ziel sei aber, dass er zumindest in der Türkei ins Gefängnis kommt.
Dennoch warnen die Ermittler vor möglichen Nachahmungstätern - vor allem ältere Personen sollen weiterhin aufpassen und nicht leichtgläubig sein.