Chronik/Welt

Tönnies und Subunternehmer fordern Geld vom Staat

Der Schlachtbetrieb Tönnies und weitere Subunternehmer haben beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Anträge auf Erstattung von Lohnkosten durch das Land Nordrhein-Westfalen gestellt. Hintergrund sind Quarantäne-Maßnahmen nach dem massenhaften Fund von positiven Corona-Infektionen bei Tönnies-Arbeitern am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück.

Das deutsche Infektionsschutzgesetz sehe die Erstattung vor, wenn Gesundheitsämter einen Betrieb schließen und Quarantäne anordnen.


Die Löhne müssen vorerst von den Unternehmen bezahlt werden und können mit bis zu einem Jahr rückwirkend erstattet werden.


Kritik an den Anträgen kam aus der Politik. „Lohnkostenerstattung vom Land zu fordern ist ein Unding. Da reibt man sich die Augen, das versteht doch kein Mensch. Infektionsgeschehen und Geschäftsmodell hängen zusammen. Tönnies hat Gütersloh den Lockdown gebracht und jetzt soll die Allgemeinheit bezahlen?“, sagte Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, der dpa. Es könne nicht sein, dass diejenigen, die das Geld damit verdient hätten, jetzt andere dafür zahlen lassen wollten. „So sieht es jetzt aber aus, wenn Lohnkosten erstattet werden sollen. Moralische und gesellschaftliche Verantwortung sieht anders aus“, sagte Mast.

Land muss Nein sagen

SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty betonte: „Die Antwort des Landes kann nur lauten: Nein. NRW muss eigene Impulse setzen, um jetzt dort zu investieren, wo unverschuldet der Betrieb zurückgefahren werden musste: in die Innenstädte, für die Gastronomie, für die Schaustellerinnen und Schausteller.“


Nach Angaben eines Tönnies-Sprechers hat der Konzern bislang keine Kurzarbeit beantragt. Sollte dieser Schritt nötig werden, würde Tönnies die Gehälter auch der Beschäftigten bei Subunternehmen auf 100 Prozent aufstocken, sagte Tönnies-Sprecher André Vielstädte.

Fabrik bleibt geschlossen

Über die Wiederaufnahme der Produktion am Hauptstandort des Fleischproduzenten Tönnies ist nach drei Wochen noch keine Entscheidung gefallen. Die Schließungsverfügung gilt bis zum 17. Juli. Die Stadt Rheda-Wiedenbrück hatte aber angekündigt, dass die technischen Dienste ihren Betrieb nun wieder aufnehmen dürften, um weitere Maßnahmen für das neue Hygieneschutzkonzept einleiten zu können. So werden Schutzelemente in Kantinenbereichen und in Teilen der Produktion montiert.


Rund 1400 Arbeiter des Werks hatten sich nachweislich mit dem Virus infiziert. Vorübergehend waren deshalb zusätzliche Corona-Einschränkungen des öffentlichen Lebens für den Kreis Gütersloh und auch für den Nachbarkreis Warendorf verhängt worden. Dort wohnen ebenfalls viele Tönnies-Mitarbeiter.