Chronik/Welt

Jeff Bezos im All: Ein Bubentraum, Rekorde und jede Menge Kritik

Zehn Minuten für die Geschichtsbücher: Am 52. Jahrestag der ersten Mondlandung von Apollo 11 erfüllte sich der mit 206 Milliarden Dollar Privatvermögen derzeit reichste Mann der Welt einen Buben-Traum. Amazon-Gründer Jeff Bezos erreichte mit einer Raumfähre seiner Firma „Blue Origin“ in mehr als 100 km Höhe am Dienstag die Unterkante des Weltalls und landete nach zehn Minuten gemeinsam mit drei Begleit-Passagieren wieder sicher auf der Erde.

Mit einem Cowboy-Hut auf dem Kopf stieg der Unternehmer aus der Raumkapsel, öffnete eine Flasche Champagner und sagte: „Das war der beste Tag aller Zeiten. Die Aussicht war fantastisch. Ein Traum ist wahr geworden.“

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Gegen 15.15 Uhr (MESZ) war die wiederverwendbare Trägerrakete „New Shepard“ von der Startrampe im Wüsten-Städtchen Van Horn im US-Bundesstaat Texas abgehoben. Es war nach 15 Testflügen in sechs Jahren der erste bemannte Flug. Beschleunigt auf mehr als 3.500 km/h, löste sich durch eine Sprengladung nach knapp vier Minuten die sechssitzige Raumkapsel mit den großen Panorama-Fenstern. Sie erreichte nach Angaben von „Blue Origin“ in etwa 105 km über dem Meeresspiegel ihren höchsten Punkt. Bezos und die pilotenlose Crew, alles wurde von Computern gesteuert, erlebten für wenige Minuten die Schwerelosigkeit. Dann trat die Kapsel wieder in die Erdatmosphäre ein.

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Abgebremst von drei großen Fallschirmen landete das Gerät zehn Minuten nach dem Start nach Plan in der texanischen Wüste. Die Rakete war bereits nach sieben Minuten, von Steuerdüsen gelenkt, wieder an der Abschussrampe gelandet.

Erst vor wenigen Tagen hatte der britische Milliardär Richard Branson mit seinem Raumschiff „VSS Unity“ erfolgreich einen Abstecher in 86 km Höhe absolviert und damit eine historische Premiere geschafft.

Bezos, der ebenfalls auf das Zukunftsgeschäft Weltraumtourismus setzt, kommt mit anderen Rekorden zurück. Mit der prominenten Ex-Pilotin Wally Funk (82) und dem niederländischen Investment-Banker-Sohn Oliver Daemen (18) hatte er neben seinem Bruder Mark (55) zugleich den ältesten und den jüngsten Menschen, die jemals ins Weltall geflogen sind, an Bord der futuristischen Raum-Kapsel.

Wally Funk war schon vor 60 Jahren in einem Raumfahrt-Vorbereitungsprogramm der NASA aktiv, kam aber nie zum Zug. Daemen wird in wenigen Wochen an der Universität Utrecht Physik studieren. Was Papa Daemen für das Ticket seines Sohnes gezahlt hat, ist bisher nicht bekannt.

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Bezos’ Start war flankiert von kritischem Bodenpersonal, das in der Aktion (und in der von Branson zuvor) das Spektakel von Superreichen erkannte, denen die Erde für ihre Eitelkeitswettbewerbe zu klein geworden ist. Bernie Sanders, Ex-Präsidentschaftskandidat der Demokraten, fuhr grundsätzliches Geschütz auf: „Im reichsten Land der Welt“ würden viele Menschen Hunger leiden, weil sie nicht genug Geld für das Essen hätten, „aber hey, die reichsten Menschen der Welt reisen ins Weltall!“

Sanders wie auch der frühere Sozialminister Robert Reich nahmen den Abflug in Texas zum Anlass, ihre Forderungen nach einer gerechteren Besteuerung von Superreichen Nachdruck zu verleihen. David Beasley, Chef des UN-Welternährungsprogramms, mahnte ein, dass sich Bezos auch für die Hunger leidenden Menschen auf der Erde einsetzen möge.

Indes wiesen Umweltschützer auf den Öko-Fußabdruck hin, den Bezos und seine Begleiter in der Raumkapsel hinterlassen. Danach sei es geradezu absurd, dass Bezos und Co. ausgerechnet mitten in der forcierten Debatte um die Reduzierung schädlicher Treibhausgase tonnenweise erzeugen für knapp zehn Minuten Abenteuer im All.

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„Blue Origin“, das vor 20 Jahren gegründete Raumfahrt-Unternehmen des kürzlich aus dem operativen Geschäft ausgeschiedenen Amazon-Gründers, erklärte, die wiederverwendbare Rakete nebst Raumkapsel werde mit flüssigem Wasserstoff und flüssigem Sauerstoff angetrieben, sei somit sauber. Fachleute kontern: Die Herstellung von flüssigem Wasserstoff bringe große Mengen von mit sich.

Bezos kam den Kritikern vor dem Start teilweise entgegen. Auf die Frage einer CNN-Reporterin, ob diese „Lustreisen für Wohlhabende“ nicht zurückstehen müssten für die Beseitigung irdischer Missstände, sagt der 57-Jährige, seine Kritikern hätten „im weitesten Sinne recht“. Man müsse aber beides tun: Probleme auf der Erde lösen und im Sinne der Menschheit „in die Zukunft schauen“. Hier versteht sich Bezos als jemand, der „Brücken ins Weltall baut für künftige Generationen“, die dort „unglaubliche Dinge tun können“.