Wirbel um Tiroler PCR-Labor: Platter baut Regierung um
Von Christian Willim
Kenner der Tiroler ÖVP sind davon ausgegangen, dass Landeshauptmann Günther Platter spätestens im Herbst seine Landesregierung umbaut. Am Dienstagabend ging es dann Schlag auf Schlag.
Kurz nach 18 Uhr informierte die ÖVP-Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf in einer „persönlichen Erklärung“, dass sie in den Landtag wechseln werde. Mit Platter sei bereits zu Beginn der Periode besprochen gewesen, dass sie diesen Schritt zur Halbzeit setzt. Corona habe das verzögert.
Wackelkandidaten
Zwei Stunden später dann der nächste Paukenschlag. Via Landespressedienst gab ÖVP-Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg ebenfalls seinen Rücktritt bekannt. Er wird als Professor an die Landesuniversität UMIT zurückkehren, wo er vor seinem Einstieg in die Politik Rektor war.
Zoller-Frischauf und Tilg wurden schon seit Jahren als Wackelkandidaten im Team Platter gehandelt, dem sie angehören, seit dieser 2008 zum Landeshauptmann wurde. Auf Tilg war der Druck nach dem Hotspot-Desaster in Ischgl im Vorjahr allerdings besonders groß geworden.
Die Rücktritte der Urgesteine kommen also nicht von ungefähr. Der Zeitpunkt überrascht jedoch. Und er fällt womöglich nicht zufällig auf einen Tag, an dem das Land Tirol zunehmend in Erklärungsnot wegen einem PCR-Labor – der HG Labtruck – kam, das seit September die Hälfte aller Corona-Tests im Bundesland analysiert hat und dafür ohne Ausschreibung über 8 Millionen Euro kassierte.
Das Unternehmen steht nach einem Bericht des Standard im Verdacht, ohne die notwendige fachliche Grundlage gearbeitet zu haben. Die Causa spitzte sich am Dienstag immer weiter zu. Mit der nun anstehenden Regierungsumbildung steht allerdings ein weiteres Thema ganz oben im Fokus der Tiroler Aufmerksamkeit.
Innerhalb der Partei war man auf die Wendung offenbar nicht vorbereitet. „Ich war auch überrascht“, erklärte Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser zum Rücktritt Zoller-Frischaufs im Gespräch mit dem KURIER, als er am Weg zu einer kurzfristig von Platter einberufenen Sitzung war.
Mattle und Leja folgen
Kurz darauf präsentierte der Landeshauptmann bereits die Nachfolger: Landtagsvizepräsident Anton Mattle für Zoller-Frischauf und Annette Leja, Geschäftsführerin des Privat-Sanatorium Kettenbrücke, für Tilg.
Im Landhaus war in den vergangenen Tagen vor allem die Causa rund um die HG Labtruck des Wiener Urologen Ralf Herwig Gesprächsthema. Zunächst wegen der freihändigen Vergabe. Doch ein Bericht des Standard wirft nun auch die Frage auf, ob das Unternehmen überhaupt die fachlichen Voraussetzungen für diese Laboranalysen besitzt.
Denn dazu brauche man einen Labormediziner, den Herwig in Augsburg fand, der mit Labtruck aber nie zusammengearbeitet haben soll. „Das ist mir neu“, sagt Herwig zum KURIER mit Blick auf die offenbar nicht bestehende Partnerschaft. Der Urologe stellt zudem infrage, ob „ein Labormediziner überhaupt nötig ist.“ Das sei zu klären.
„Es sind aber bei uns weitere Ärzte angestellt, die Ersatz bieten könnten.“ Herwig selbst ist die Berufsausübung derzeit von der Ärztekammer untersagt. Er muss sich am Freitag in einem Prozess verantworten, da er Patienten falsch behandelt haben soll.
Land lässt prüfen
Dass HG Labtruck so ausgiebig zum Zug kam, wird damit begründet, dass Befunde schneller, in guter Qualität und auch digital geliefert werden konnten. Laut Corona-Einsatzleiter Elmar Rizzoli gab es bei Ringversuchen (Überprüfung von Stichproben durch andere Labore; Anm.) „keine Beanstandungen“.
Vor der Zusammenarbeit habe zudem das Gesundheitsministerium grünes Licht gegeben. Dort verweist man jedoch lediglich auf eine ordnungsgemäße Meldung laut Epidemiegesetz durch HG Pharma, der allerdings keine Prüfung vorausgeht – sehr wohl aber die verpflichtende Teilnahme an Ringversuchen.