„Wenn ein Mensch plötzlich weg ist, geht man durch die Hölle“
Von Yvonne Widler
Er wollte nur schnell Zigaretten kaufen gehen und kam nie wieder zurück. Solche Geschichten tragen sich tatsächlich zu. „11.000 Vermisstenanzeigen haben wir jährlich in Österreich“, sagt der Kriminalist und Buchautor Christian Mader, der sich seit über 30 Jahren mit verschwundenen Kindern und Erwachsenen beschäftigt.
Mader hat früher die Abteilung für Vermisstenfahndung im Wiener Sicherheitsbüro geleitet. Heute arbeitet er im Department zur Bekämpfung von Suchtmittelkriminalität im Bundeskriminalamt. Die Vermissten haben ihn aber nicht losgelassen. Mader ist nämlich Obmann des Vereins „Österreich findet euch“, der bei der Suche nach vermissten Menschen hilft.
Bei der Vermisstenfahndung sei man ganz nah am Opfer, obwohl es - streng genommen - kein Opfer gibt. „Das ist hochinteressant, denn man muss die vermisste Person sehr gut kennenlernen, auch das persönliche Umfeld und alles, was die Person betrifft. In kürzester Zeit.“ Die ersten 48 Stunden nach dem Verschwinden seien dabei enorm wichtig. „Es handelt sich um keine James-Bond-Geschichten, es sind Denker-Geschichten.“ Zudem sei es ein Ammenmärchen, dass man einen Menschen erst nach einer gewissen Zeit als vermisst melden darf.
Mader und sein Team beschäftigen sich intensiv mit den Angehörigen von verschwundenen Personen. „Wenn ein geliebter Mensch plötzlich weg ist, gehen sie durch die Hölle. Da sieht man, was echte Probleme sind.“ Durch die enge Zusammenarbeit mit den Eltern, Brüdern und Freunden der Vermissten entstehe naturgemäß oft eine Nähe zwischen Mader und diesen Menschen. „Das ging schon so weit, dass unser Verein bei der Grabrede der verschwundenen Person, die dann leider tot aufgefunden wurde, erwähnt worden ist. Das ist natürlich eine ganz besondere Form der Anerkennung für unsere Arbeit.“
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