Verwirrung um Statistik: Hohe Sterblichkeit auch abseits der Corona-Toten
Sind in Österreich weit mehr Menschen an den Folgen von Corona gestorben als bisher vermutet? Neue Zahlen der Statistik Austria würden zumindest darauf hinweisen, wenn es auch möglicherweise indirekt Opfer sind. In einer Gesamtbetrachtung könnte somit die Zahl der Corona-Opfer also fast doppelt so hoch sein wie die bisher offiziell verlautbarten 470 Österreicher und Österreicherinnen.
Laut den am Montag von Statistik Austria veröffentlichten Zahlen gibt es ab dem 16. März eine starke Zunahme an Todesopfern zu verzeichnen, diese betrifft vor allem die Bevölkerungsgruppe "über 65 Jahre" - also die Hochrisikogruppe.
In Summe sind in den drei Wochen nach diesem Stichtag bereits 589 Menschen mehr gestorben als normal in diesem Zeitraum. Zu diesem Zeitpunkt gab es offiziell 204 Corona-Tote.
Rechnet man diese Zahlen bis zum heutigen Tage hoch, dann könnte es seit dem Ausbruch der Pandemie bisher rund 980 Tote mehr geben als sonst gegeben haben. Zum Vergleich: Nachweislich sind 470 Corona-Tote bekannt.
Belege, dass dies ausschließlich mit Corona zu tun hat, gibt es jedenfalls nicht. Das kann auch "nur" ein statistischer Ausreißer sein. So gab es auch in einer Jännerwoche eine Steigerung von 9,3 Prozent, die allerdings durch ein Minus in der ersten Februarwoche wieder beinahe ausgeglichen wurde. Drei Wochen in Folge mit steigenden Zahlen - so wie jetzt - sind aber nicht normal.
Möglich wäre etwa, dass bei älteren Menschen, die gestorben sind, keine Coronatests durchgeführt worden sind. Zumindest sind ähnliche Steigerungen aber auch in anderen Ländern zu verzeichnen. In Italien beziehungsweise der norditalienischen Region Lombardei hieß es etwa, dass auch dort die Zahl der Corona-Toten weitaus höher sein könnte als offiziell bekannt gegeben.
Teilweise "zugeschätzt"
Die Statistik Austria berichtet, dass ihre Zahlen auch teilweise „zugeschätzt“ sind, wie das in der Fachsprache heißt. Das bedeutet, dass nur rund 90 bis 95 Prozent der Daten eingetroffen sind und daraus eine Art Hochrechnung erstellt wird. Bis endgültige, vollkommen valide Zahlen vorliegen, könnte es also noch etwas dauern.
Eine derartige "Übersterblichkeit" der Über-65-Jährigen wäre aber kein österreichisches Phänomen, dies wurde auch in Italien, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Belgien und in der Schweiz bereits festgestellt.
Als weitere Möglichkeit wird dort auch die Tatsache angenommen, dass es wegen Corona eben eine insgesamt schlechtere medizinische Versorgung gibt und auch andere Krankheiten schlechter behandelt werden. Schließlich waren auch Arztpraxen geschlossen und es wurden weniger Operationen durchgeführt.
Auffällig auch: Vor allem Westösterreich (Vorarlberg und Tirol) sind von den Steigerungen am meisten betroffen.
Das sagt das Gesundheitsministerium
Interpretationsmöglichkeiten gibt es derzeit viele. Aus dem Gesundheitsministerium hieß es gegenüber dem KURIER, dass man von den Landesbehörden andere Zahlen habe: "Diese Zahlen liegen uns so nicht vor, das sind nicht unsere." Alle Fragen dazu müsse man deshalb der Statistik Austria stellen.