Chronik/Österreich

Untersuchung: Islamistische Influencer adressieren Jugendliche in Österreich

Sie begrüßen die Machtübernahme der Taliban als Afghanistan als Sieg über den Westen, fordern die muslimische Bevölkerung dazu auf, sich zur Burka zu bekennen oder inszenieren sich als kämpferische Gruppierungen. Social-Media-Kanäle wie "Generation Islam", "Realität Islam" und "Muslim interaktiv" richten sich damit an Jugendliche im deutschsprachigen Raum.

Die Dokumentationsstelle Politischer Islam hat die Aktivitäten islamistischer Gruppierungen anhand der drei genannten Kanäle untersucht  - und eine Publikation herausgebracht.

Die Jugendlichen sollen "kaum merkbar oder gar unbewusst mit islamistischem Gedankengut vertraut gemacht werden", heißt es in der Studie.

Misstrauen gegen Rechtsstaat

Mit den Postings wird "eine virtuelle Gegenöffentlichkeit im Sinne einer religiös begründeten exklusiven Identitätspolitik geschaffen", sagt Lisa Fellhofer, Direktorin der Dokumentationsstelle Politischer Islam. Und weiter: "Die Inhalte können den Religionsfrieden innerhalb wie außerhalb der muslimischen Glaubensgemeinden empfindlich stören."

Es sollen, so die Experten, Ängste und Misstrauen gegenüber dem demokratischen Rechtsstaat und seinen Institutionen geweckt werden. Das gelingt, in dem aktuelle Themen aufgegriffen werden.

Österreichische Influencer-Initiativen seien bislang zwar nicht bekannt, aber die drei Gruppierungen hätten auch Follower in Österreich  - und würden auch immer wieder auf das Land referenzieren. Genutzt würden dabei "tatsächliche Vorfälle von islamfeindlicher und rassistisch motivierter Gewalt und Alltagsdiskriminierung in Deutschland und Österreich. (…) Sie unterstellen Politik und Medien pauschal, diese Islamfeindlichkeit aktiv zu schüren und planmäßig einen "Feldzug gegen den Islam" zu führen."

Demo vor österreichischer Botschaft in Berlin

Ein immer noch auf Youtube abrufbares Video wurde dazu bei einer Demonstration der Gruppierung "Muslim Interaktiv" im November 2020 vor der österreichischen Botschaft in Berlin aufgenommen. Darin wird gar der Umgang der damaligen österreichischen Bundesregierung mit Muslimen mit der Judenverfolgung des Nationalsozialismus in den 30-er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gleichgestellt. Im Bericht heißt es dazu: "Mit dem Slogan „Er ist wieder da“ und dem Hashtag #AnschluSS weckten sie Assoziationen zum Nationalsozialismus und beschworen durch eine Gleichsetzung der heutigen Situation mit den Zuständen im nationalsozialistischen Österreich 1938–45 die Gefahr einer „Shoah“ für Muslime. 

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Diese Hamburger Gruppe, Muslim Interaktiv, ist seit 3. März 2020 im Internet aktiv. Laut dem Bericht erzielt sie unter dem Motto „Muslim Interaktiv setzt Zeichen!“ ihre Reichweite über Follower auf den sozialen Netzwerken Instagram (10.100 Follower), TikTok (36.500), YouTube (3610), Facebook (468) und Twitter (771).

Im Bericht wird auch die Stoßrichtung der Gruppierung deutlich: "Neben der Ähnlichkeit bei der Namensgebung der drei Gruppierungen (GI, RI, MI) lässt auch die gemeinsame Verwendung von Begriffen wie „Zwangsassimilation“, „Dämonisierung des Islam“, „Wertediktatur“, „Blockbildung“ und „Kalifat“ eine gegenseitige Nähe vermuten."

Darüber hinaus werde eine ideologische Schnittmenge mit der größeren islamistischen Organisation Hizb ut-Tahrir deutlich, so die Studienautoren. Hizb ut-Tahrir (arabisch für „Partei der Befreiung“) ist ein 1953 in Jerusalem gegründeter Ableger der Muslimbruderschaft. "Die panislamisch ausgerichtete Organisation fordert die Wiedereinführung des Kalifats und möchte der Scharia umfassende Geltung verschaffen", verdeutlichen die Autoren.

In Deutschland unterliegt Hizb ut-Tahrir seit 2003 einem Betätigungsverbot, in Österreich unterliegt die Verwendung ihrer Symbole in der Öffentlichkeit seit Juli 2021 einem gesetzlichen Verbot. Daher halte sich die Organisation in der Öffentlichkeit bedeckt, werbe aber weiterhin in Universitäten und akademisch ausgebildeten Kreisen um Mitglieder", wird in der Studie des Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus gewarnt.

Die Publikation kann hier abgerufen werden.