Chronik/Österreich

Staatsverweigerer: Putsch-Prozess, zweiter Akt

Bevor er in exakt sechs Wochen wieder als Nummer Zwei neben seiner „Präsidentin“ auf der Anklagebank sitzt, hat der Pensionist am Dienstag einen Soloauftritt vor Gericht: Der „Vizepräsident“ der größten Staatsverweigerer-Partie des Landes, des „Staatenbunds Österreich“, soll während der U-Haft versucht haben, seine Freilassung zu erpressen. Und den Gefängnis-Ausbruch seiner Chefin freilich auch, und zwar mittels Geiselnahme von Justizwachebeamten.

Von Mithäftlingen verpfiffen

Daraus wurde nichts. Die beide Mithäftlinge, die der Mann dazu angestiftet haben soll, verpfiffen ihn, nachdem er sie aufgefordert haben soll, ihre Buttermesser zu schärfen. Deshalb steht der Mann am Dienstag vor Gericht, angeklagt ist diesmal Anstiftung zur erpresserischen Entführung: Dafür setzte es 12 Jahre Haft plus Einweisung in eine Anstalt (nicht rechtskräftig).

„Er stellt sich immer als Rächer der Entrechteten und als Heilsbringer dar“, merkt jedoch der Staatsanwalt über den Angeklagten an. „Aber tatsächlich wollen die Staatsverweigerer Selbstjustiz üben.“

Ein Vorwurf, den der Angeklagte nicht auf sich sitzen lassen will: Er lehnt zunächst den Ankläger ab, dann den vorsitzenden Richter und später auch dessen Beisitzer. Das kennt man schon aus Prozessen in diesem Metier, es wird auch im Frühherbst wohl kaum anders sein: Da trifft sich dann nämlich die einstige Führungsriege des „Staatenbundes“ wieder im Grazer Straflandesgericht denn das vor rund eineinhalb Jahren in erster Instanz beendete Geschworenenverfahren muss wiederholt werden.

Umsturz durch das Heer

Ende Jänner 2019 wurden 14 Staatsverweigerer nach exakt 28 Verhandlungstagen schuldig gesprochen (nicht rechtskräftig). Erstmals in der Zweiten Republik war Hochverrat angeklagt worden, deshalb wurde vor einem Schwurgericht verhandelt: Der Ankläger sah in den „Staatenbündlern“ nichts anderes als Putschisten, die unter Drohung von Gewalt Verhaftungen von Politikern forderten. Und zwar von einer bewaffneten Macht im Staat, dem Bundesheer. Das wertete der Staatsanwalt als „tauglichen Versuch“ für einen Putsch, einen Umsturz.

Zusätzlich wurde den 14 Angeklagten die Führungsriege des „Staatenbundes“ aus allen Bundesländern staatsfeindliche Verbindung angelastet. Dies etwa durch die offene Ablehnung der Republik Österreich, die die Staatsverweigerer bloß als „Firma und Staatssimulation auf kriminellem Niveau“ betrachten. Aus dem Grund verkauften sie auch eigene Kfz-Kennzeichen oder Führerscheine, das wiederum betrachtete der Ankläger als schweren Betrug.

Die Geschworenen berieten 15 Stunden lang über die Schuldfrage, dann noch einmal weitere vier Stunden gemeinsam mit den Berufsrichtern über die Höhe der Strafe. Sie hatten insgesamt 292 Fragen zu beantworten eine zu jedem einzelnen Anklagepunkt, zu jedem einzelnen Angeklagten. Letztlich entschieden sie in zwei Fällen, jenem der „Präsidentin auf Lebenszeit“ und ihres „Vize“, auf Hochverrat, in allen anderen Fällen auf staatsfeindliche Verbindung.
 

Verurteilt in erster Instanz

Die „Präsidentin“ und ihr „Vize“ wurden zu 14 bzw. 10 Jahren Haft verurteilt, die übrigen  Angeklagten wegen staatsfeindlicher Verbindung  und  teilweise Betrug verurteilt: Vier bekamen unbedingte Haftstrafen zwischen zwei und zweieinhalb Jahren, acht bedingte  Haftstrafen zwischen neun Monaten und drei Jahren.

Doch der Oberste Gerichtshof gab Nichtigkeitsbeschwerden statt und monierte, dass die Fragen an die Laienrichter „nicht konkret“ genug gewesen wären. Deshalb muss ab 8. September neu verhandelt werden, vor neuen Geschworenen, vor neuen Berufsrichtern. Dafür sind vorerst 19 Prozesstage angesetzt. Die neuen Laienrichter werden sich aber durch die alten Akten arbeiten müssen  - das sind 102 Bände mit je 300 Seiten.