Tempo 30 im Ortsgebiet sorgt für Koalitionskrach in Tirol
Von Christian Willim
Bis Dienstag sind 113 Stellungnahmen zu der von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) Ende April präsentierten Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) im Parlament eingegangen. Eine davon sorgt für besonderes Aufsehen. Und einen Krach in der Tiroler Landesregierung.
Denn in der offiziellen Stellungnahme des Landes Tirol wird dem Verkehrsministerium vorgeschlagen, die Regelgeschwindigkeiten auf Österreich Straßen zu senken, wie zuerst die Tiroler Tageszeitung berichtet hat.
Die Limits sollten demnach bis auf wenige Ausnahmen „im Ortsgebiet mit 30 km/h, auf Freilandstraßen mit 80 km/h und auf Autobahnen mit 100 km/h festgelegt werden“, heißt es in dem Papier.
Doch innerkoalitionär war der Vorschlag zwischen den Grünen – sie stellen mit Ingrid Felipe die Verkehrslandesrätin – und der ÖVP offenbar nicht abgestimmt.
VP-Landeshauptmann Günther Platter zeigt sich erzürnt. „Hätte Ingrid Felipe den Landeshauptmann bei einer der vielen gemeinsamen Besprechungen darauf angesprochen, hätte er ihr seine deutliche Ablehnung signalisiert. Wir sind strikt gegen eine generelle Temporeduktion. Dafür sind wir nicht zu haben“, heißt es auf KURIER-Anfrage im Büro von Platter.
Im Büro von Felipe kann man die Aufregung hingegen nicht nachvollziehen. Der Prozess bei dieser Stellungnahme sei gleich abgelaufen, wie bei der Vielzahl an anderen Stellungnahmen, die das Land Tirol permanent abgibt.
Der Vorschlag der Verkehrsabteilung sei zunächst an den Verfassungsdienst und von dort mit der Bitte um Stellungnahme an alle zuständigen Regierungsbüros – auch an jenes des Landeshauptmanns – geschickt worden. Einwände gab es keine.
Grünes Foulspiel oder nicht
Tatsächlich ist die Stellungnahme auch von Tirols Landesamtsdirektor Herbert Forster unterfertigt worden, seines Zeichens früher über Jahre der Büroleiter von Landeshauptmann Günther Platter. Foulspiel der Grünen oder ein Routinevorgang? Die Ansichten gehen auseinander.
Felipe steht jedenfalls hinter dem Vorschlag ihrer Verkehrsexperten, wie sie gegenüber der TT erklärte: „Eine Temporeduktion erhöht die Verkehrssicherheit, reduziert den -Ausstoß, mindert die Luft- und Lärmbelastung und spart zudem auch noch Treibstoff.“
Die Landes-ÖVP war am Mittwoch bemüht, die Diskussion einzufangen und ließ ihren Verkehrssprecher Florian Riedl ausrücken, der meinte: „Mit uns gibt es keine solchen ideologiegetriebenen Tempo-Reduktionen.“
Profilschärfung für die Landtagswahl
Der innerkoalitionäre Friede in Tirol mag gebeutelt sein. Aber im Vorfeld der näherrückenden Landtagswahlen Anfang 2023 dient die Debatte letztlich Grünen wie ÖVP zur Profilschärfung. Denn Stellungnahme hin oder her:
Der Vorschlag zur Senkung des Tempolimits müsste von der ebenfalls von ÖVP und Grünen geführten Bundesregierung aufgenommen werden. Das erscheint eher unwahrscheinlich.