Österreich bekommt Kinderhospiz- und Palliativtag
Von Marlene Penz
Bei der Geburt von Maximilian wird festgestellt, dass er nicht gut atmen kann, er wird sofort auf die Intensivstation gebracht. Dort teilen die Ärzte seinen Eltern mit, dass ihr Sohn nicht älter als vier Monate werden wird. Nach dem Schock und der Verzweiflung keimt der Wunsch auf, dass sie mit Maximilian nach Hause gehen können. Damit das möglich wird, bekommen sie Unterstützung von einem Palliativ-Team.
Es wird ihnen gezeigt, wie sie für ihren Sohn zu Hause sorgen können, wie sie mit ihm im Kinderwagen spazieren gehen können - denn nicht nur Maximilian liegt darin, sondern auch sein Atemgerät, das er zum Leben braucht. Das mobile Palliativ-Team begleitet die Familie in den nächsten Monaten. Der Wunsch des Vaters, das Weihnachtsfest mit Maximilian in den eigenen vier Wänden zu feiern, geht in Erfüllung. Am 25. Dezember stirbt Maximilian.
Es sind diese Schicksale, die den Dachverband Hospiz Österreich dazu veranlasst haben, den 1. Juni zum Österreichischen Kinderhospiz- und Palliativtag zu machen. Rund 5.000 Kinder und Jugendliche leben in Österreich mit einer Erkrankung, an der sie frühzeitig sterben werden.
Für die betroffenen Familien bedeutet das einen Balanceakt zwischen Leben und Tod. „Das Thema Sterben, Tod und Trauer, das halten wir gerne weit von uns weg. Das müssen wir ändern“, sagte die Präsidentin im Dachverband Hospiz Österreich, Waltraud Klasnic, und gab bei einer Pressekonferenz den Startschuss für den ersten Kinderhospiz- und Palliativtag.
32 spezialisierte Einrichtungen
Derzeit gibt es 32 spezialisierte Pädiatrische Hospiz und Palliativeinrichtungen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Über 600 dieser Betroffenen werden dadurch betreut - mobil und stationär.
„Nicht alle dieser 5.000 Kinder werden eine Hospizbegleitung brauchen“, sagte Martina Kronberger-Vollnhofer, Kinderhospizbeauftragte des Dachverbandes Hospiz Österreich und Leiterin des mobilen Kinderhospizes „Momo“ in Wien. „Das ist ja auch immer ein freiwilliges Angebot.“ Aber es sollte bekannter werden, dass es diese Betreuung und Begleitung gebe, betonte die Expertin. „Es gibt viele Familien, die gar nicht wissen, was wir machen.“
Lebensbegleitung
Für viele würde eine Hospiz- und Palliativbegleitung einer Sterbebegleitung gleich kommen. Da komme bei manchen betroffenen Familien der Gedanke auf, „so weit ist es bei uns noch lange nicht“, sagte Kronberger-Vollnhofer. Deshalb soll dieser Tag ab nun aufmerksam machen, „dass wir das Leben begleiten“ und nicht nur für das Sterben zuständig sind. „Wenn wir von Kinderpalliativ- und Kinderhospizarbeit reden, dann reden wir von Lebensbegleitung - in wenigen Fällen nur für einige Wochen, meist für mehrere Monate und immer öfter sogar mehrere Jahre“, betonte Kronberger-Vollnhofer.
32 Einrichtungen
Die Einrichtungen setzen sich zusammen aus 12 Kinderhospizteams, 15 Mobilen Kinder-Palliativteams, 4 Standorte Pädiatrischer Intensivbetten und einem stationären Kinderhospiz.
Betreute Patientinnen und Patienten
Kinderhospizteams: 125
Mobile Kinder-Palliativteams: 638
Pädiatrische Intensivbetten: 109
Stationäres Kinderhospiz: 48
Betreuung zu Hause und stationäre Aufenthalte gehen oft ineinander über oder wechseln sich ab. Häufig sind auch mehrere Dienste gleichzeitig in den Familien.
Alter
Bei den Mobilen Kinder-Palliativteams und den Pädiatrischen Palliativbetten war etwa ein Drittel der Patientinnen im Alter zwischen 1 und 5 Jahren, ein weiteres Drittel zwischen 6 und 14 Jahren. Etwa jedes 10. Kind war jünger als ein Jahr.
Als Symbolbild für den Kinderhospiz- und Palliativtag wurde eine Seiltänzerin gewählt, eine Figur, die für die Balance steht, die der Alltag diesen Familien abverlangt, sagte Klasnic. Dass Familien mit der Betreuung und Pflege ihres kranken Kindes, bei der auch die Geschwister nicht zu kurz kommen dürfen, nicht alleine seien, dafür sorgen die speziellen Hospiz- und Palliativeinrichtungen.
Diese Teams arbeiten multiprofessionell, erklärte Kronberger-Vollnhofer. Ärzte, Kinderkrankenpfleger, Therapeuten, Psychologen, Sozialarbeiter und ehrenamtliche Begleiter würden alles daran setzen, den jungen Patientinnen und Patienten ein möglichst beschwerdearmes Leben zu ermöglichen. „Es ist zwar ein breites Feld, aber das kranke Kind und die Eltern stehen stets im Mittelpunkt“, sagte die Expertin.
Flächendeckender Ausbau
„Wir bleiben auch dann an der Seite der Familie, wenn viele wegschauen.“ Denn: „In Würde zu leben bedeutet auch in Würde mit einer schweren Krankheit zu leben.“
„Während Covid-19 waren und sind Familien besonders isoliert. Gerade jetzt sind Pflege, Betreuung und Begleitung zu Hause noch bedeutender geworden und müssten flächendeckend ausgebaut werden“, forderte Renate Hlauschek, u.a. Leiterin des Universitätslehrgangs Palliative Care in der Pädiatrie und geschäftsführende Vorsitzende von „Moki“, einer mobilen Kinderkrankenpflege in Niederösterreich.
Warten auf Umsetzung der Regierungserklärung
Der flächendeckende Ausbau sei deshalb wichtig, weil die Betroffenen in der Nähe ihrer Familien betreut werden sollten, sagte auch Klasnic. „Der Ausbau ist vorbereitet und es ist auch in den letzten Jahren sehr viel geschehen.“ Aber es sei auch Nachholbedarf vorhanden. „Was man wirklich braucht, ist die Finanzierung und die Strukturen, die dafür geschaffen werden müssen.“ Das sei auch so in der Regierungserklärung enthalten. „Es fehlt noch die Umsetzung, aber ich glaube daran“, sagte Klasnic.