Hilfe, die Aliens kommen!
Von Martin Burger
Imposante zwei bis drei Zentimeter Körpergröße und „eigentlich sehr hübsch“. Das sind die positiven Attribute von Anoplophora glabripennis, auch Asiatischer Laubholzbockkäfer genannt. Wolfgang Rabitsch ist Neobiota-Experte am Umweltbundesamt in Wien, der Zoologe untersucht gebietsfremde Arten, auf Neudeutsch Aliens.
Und das sind die weniger schönen Seiten dieses Insekts: Es befällt Laubbäume. Die Förster erkennen den Befall an Bohrlöchern im Holz. Zwischen 2001 und 2009 mussten in Braunau (OÖ) aus diesem Grund 220 befallene Bäume geschlägert und vor Ort gehäckselt und verbrannt werden. Spezielle ausgebildete Spürhunde kamen zum Einsatz, um den Käfer, der durch Bauholztransport nach Österreich eingeschleppt wurde, zu jagen.
Nur ein Beispiel von vielen, 2000 Arten gelten in Österreich als Neuankömmlinge, die meisten verhalten sich unauffällig. Andere, wie das Traubenkraut (Ragweed) schaffen es wegen ihrer allergenen Wirkung zu medialer Dauer-Aufmerksamkeit. Eine andere, nicht minder gefährlicher Eindringling, die Robinie oder Scheinakazie, wird hingegen weiterhin als Straßenbaum geschätzt. Im warmen und trockenen Osten Österreichs findet dieser Eindringling beste Voraussetzungen, um sich in naturnahen Wäldern und Trockenrasen breit zu machen und diese mittels Stickstoff-Anreicherung im Boden zu zerstören.
17 Neo-Österreicher gelten als problematisch. Jeder dieser Arten hat eine andere Geschichte. Doch wieso sind es so viele? In ganz Europa werden 11.000 neu zugewanderte Arten gezählt.
Bruttoinlandsprodukt
Wolfgang Rabitsch wird die neuesten Erkenntnisse der Alien-Forschung auf einer Tagung in Wien vorstellen, die heute beginnt: „Sozioökonomische Faktoren, vor allem das BIP oder die Bevölkerungsdichte, sind die entscheidenden treibenden Kräfte bei den Neuansiedlungen von gebietsfremden Arten. Es ist weniger das Klima entscheidend, sondern vielmehr der Reichtum des Landes, wo die meisten gebietsfremden Arten gefunden werden.“ Reiche Länder, in denen eine große Zahl von Gütern befördert wird, sind Einfallsschneisen für Alien-Arten weltweit. Besonders der Tierhandel ist ein Einschleppungsweg nach Österreich (siehe Interview unten). Rabitsch verfolgt die Pressemeldungen über entlaufene Exoten „Denken sie an die Pythons, die immer wieder auskommen, die Sichtungen von entlaufenen Kängurus (3 Fälle heuer: Kärnten, Innviertel und Waldviertel, Anm.), in Bayern musste ein Teich abgelassen werden, weil eine Schnappschildkröte einem Buben die Achillessehne durchgebissen hat.“ Der im Sommer in Kärnten verünglückte holländische Tiertransporter hatte ein Amerikanisches Grauhörnchen an Bord, eine Art, die laut Washingtoner Artenschutzabkommen nicht gehandelt werden darf.
Übrigens, der Einsatz gegen tierische und pflanzliche Aliens kann sich auszahlen. Der eingangs erwähnte hübsche Laubholzbockkäfer aus Ostasien wurde seit 2009 in Braunau nicht mehr gesehen und gilt derzeit als ausgerottet. Trauerbekundungen, ob von Förstern, Bauern oder von Biologen, sind nicht überliefert.