Chronik/Österreich

Innsbruck: Klub des grünen Bürgermeisters zerbrochen

Die Sitzung des Innsbrucker Gemeinderats beginnt am Donnerstag mit einem Paukenschlag. Die grüne Abgeordnete Marcela Duftner ergreift das Wort und erklärt, sie und zwei weitere Mandatare „verlassen mit sofortiger Wirkung den Klub Georg Willi, die Innsbrucker Grünen“. Gleichzeitig beantragt sie die Gründung eines neuen Klubs „Lebenswertes Innsbruck“.

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Die Fraktion des grünen Bürgermeisters Georg Willi schrumpft damit von zehn auf sieben Mandatare und ist nicht mehr stärkste Kraft im Gemeinderat. Die Beweggründe, die Duftner und ihre Kollegen Renate Krammer-Stark und Thomas Lechleitner – alle langgediente Gemeinderäte – aufführen, gleichen einem Donnerschlag.

Bei Willi und ihrem nunmehrigen Ex-Klub orten die drei Abtrünnigen unter anderem „die Unfähigkeit zur transparenten Kommunikation, zum Verhandeln und Führen, Fokus auf den eigenen Machterhalt statt mehrheitsfähiger Entscheidungsfindung“ oder die „beharrliche Weigerung zu akzeptieren, dass 25 Prozent der Gemeinderatsmandate keine Mehrheit sind“.

Bisher hatten die Grüne zehn von 40 Sitzen im Gemeinderat. Im in Innsbruck regierenden Spiel der freien Kräfte – die Koalition von Willi mit SPÖ, ÖVP und Für Innsbruck (FI) war 2021 geplatzt – sah sich der Bürgermeister immer wieder mit Mehrheiten gegen sich konfrontiert.

Willi ortet darin das Torpedieren seiner Anliegen durch eine „rechtskonservative Allianz“ – gemeint vor allem ÖVP, FI und FPÖ. Kritik an seinem Agieren kam aber auch regelmäßig von der SPÖ und anderen Listen. Die Schelte der abgespaltenen Ex-Grünen deckt sich nun aber weitestgehend mit den Vorwürfen der Gegner des Bürgermeisters – etwa was mangelnde Kommunikation oder Einbindung betrifft.

Was seine abtrünnigen Ex-Parteifreunde betrifft, richtet Willi diesen aus: „So viel wie in meiner Zeit wurde im grünen Klub noch nie geredet.“ Die Entscheidung der drei Mandatare „ist zu respektieren“. Vorangekündigt hatten sie ihren Schritt nicht.

Kein Rücktrittsgedanke

An Rücktritt denkt Willi nicht: „Ich bin direkt gewählter Bürgermeister“, sagt er dazu. Wenn eine Mehrheit im Gemeinderat ihn abwählen möchte, „gerne, das können sie machen. Aber ich bin vom Volk gewählt“.

Tatsächlich ist selbst bei einer Mehrheit im Gemeinderat für ein Misstrauensvotum gegen den Bürgermeister auch noch die Abhaltung einer Volksabstimmung zwingend – eine hohe Hürde. Das zuletzt bereits in Innsbruck herumspukende Neuwahlgespenst hat nun vermutlich wieder ausgegeistert. Denn der neue Klub „Lebenswertes Innsbruck“ lehnt Neuwahlen, für die sich eine knappe Mehrheit abgezeichnet hatte, ab, wie Duftner erklärt.

„Wir sind die dritte Option“ , sagt sie. Bisher habe es nur die Varianten Stillstand und Blockade oder eben Neuwahlen gegeben. Nun hätten sich aber die Mehrheitsverhältnisse geändert, was neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffne.

Dass Georg Willi zuletzt das Stadtrecht ausreizte und das Personalamt auflöste, um so eine Amtsenthebung der Leiterin durch den Stadtsenat zu verhindern, dürfte das Fass zum Überlaufen gebracht haben. „Das hatte autoritäre Züge“, so Duftner.

Für den ohnehin schon angeschlagenen Bürgermeister ist die Abspaltung eine weitere Schwächung.