Immaterielles Kulturerbe: Vom Flammen und Anklöpfeln
Von Petra Stacher
Anklöpfeln in Stans, Flammen von Keramik und Trockensteinmauern – Traditionen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Nun nimmt sie die UNESCO in die Liste des immateriellen Kulturerbes auf, damit sie unvergessen bleiben, auch über Regionen hinaus.
Nur alle zehn Jahre
Anklöpfeln in Stans im Bezirk Schwaz kennt in Tirol wohl Jedermann (und -frau). Zwar wird es auch anderenorts praktiziert, jedoch hat der Brauch in Stans seine Besonderheit: Es findet nur alle zehn Jahre statt. An den Advent-Samstagen sucht dann ein etwa 30-köpfiger Männertrupp – bestehend aus dem Hohen Priester, Bacchus, Urbal, Ministranten und Leviten – prozessionsartig Bauernhöfe und Gasthäuser heim, um dort biblische Lieder zu singen.
Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts existiert der Brauch. Über die Herkunft gibt es verschiedene Theorien. Die Freude über die Ernennung zum immateriellen Kulturerbe ist jedenfalls groß: „Stans schreibt Geschichte“, steht in der Gemeinde-Aussendung dazu.
Spritztechnik
Flammen von Keramik ist hingegen schon weit über die oberösterreichischen Grenzen hinaus bekannt, und zwar in Form des Gmundner Geschirrs. Die mit den grünen Schnörkeln auf weißem Hintergrund verzierten Teller und Tassen zieren bereits viele Vitrinen.
Die Entstehung, eben das Flammen von Keramik, gilt nun auch als immaterielles Kulturerbe. „Das unterstreicht, wie lebendig Traditionen in Oberösterreich gepflegt werden und wie sehr sie auch in der Gegenwart unseren Alltag prägen“, freut sich Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) über die Ernennung.
Welterbe sind die drei angeführten Traditionen nicht. Denn zwischen Welterbe und dem immateriellen Kulturerbe besteht laut UNESCO ein Unterschied: Welterbe sind nur materialistische Kultur- und Naturdenkmäler, wie etwa das Schloss Schönbrunn.
Immaterielles Erbe umfasst hingegen kulturelle Praktiken wie Bräuche, Rituale, Erfahrungswissen und traditionelles Handwerk.
136 Eintragungen umfasst mittlerweile das österreichische Verzeichnis der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe.
Doch wie funktioniert das Flammen? „Geflammt wird auf der Rohware. Es ist eine weiterentwickelte Spritztechnik“, heißt es auf KURIER-Anfrage bei Gmundner Keramik. Ausgebildet wird direkt im Betrieb. In rund zwei Jahren ist man dann „Flammerin“. „Jedes Geschirrteil ist anders zu flammen. Die Flammerin muss deshalb jedes individuell angreifen.“ In der Gmunder Keramik gibt es vier Expertinnen, die das Handwerk beherrschen. Bevor sie überhaupt einen richtigen Teller gestalten dürfen, müssen sie zuvor fleißig auf Scherben (Bruchware) üben.
Stein auf Stein
Trockensteinmauern bauen. Auch das ist ein Handwerk für gewiefte Leute. Denn die Gebilde müssen gut ausbalanciert sein. Stein auf Stein müssen die Handwerker legen, und zwar so, dass das Gebäude nicht einbricht. Zusammengehalten wird alles nicht etwa mit Zement, sondern nur durch trockene Erde – wahrlich eine Kunst.
In Österreich sind solche Mauern seit dem 12. Jahrhundert schriftlich festgehalten. Genutzt wurden sie vor allem in landwirtschaftlichen Bereichen für Weinterrassen, Almeinfriedungen, Forstwege, den Eisenbahnbau und vieles mehr. Heutzutage kehren vor allem Winzer zu der alten Tradition der Trockenmauern zurück.