Chronik/Österreich

Grazer Budgetmisere: Finanzdirektor gibt seinen Posten auf

Erst im August 2021 avancierte Stefan Tschikof – noch unter der damaligen ÖVP-FPÖ-Koalition im Rathaus – zum Finanzdirektor. Vergangene Woche stand er neben Bürgermeisterin Elke Kahr und Finanzstadtrat Eber (beide KPÖ), als sie zur Verteidigung des in Schieflage geratenen Budgets ausrückten. Am Mittwoch zog Tschikof einen Schlussstrich: Er legt seine Funktion als Finanzdirektor zurück, und das bereits am Donnerstag.

Der Schritt kam überraschend. In einer Mitteilung Stadtrat Ebers wurden „private Gründe“ Tschikofs angeführt, der in der Finanzdirektion bleibt, aber eben nicht mehr in der bisherigen Leitungsfunktion. „Seine Entscheidung ist bedauerlicherweise zur Kenntnis zu nehmen“, kommentierte Eber.

Tschikofs Bestellung unter Schwarz-Blau war im Grazer Gemeinderatswahlkampf des Vorjahres zum Politikum hochstilisiert worden: Fünf Bewerber wurden zum Hearing mit allen Stadtsenatsmitgliedern eingeladen  - der Banker Tschikof sollte ursprünglich gar nicht dabei sein, der damalige ÖVP-Stadtchef Siegfried Nagl nominierte ihn nach. Im Hearing setzte sich Tschikof dann gegen die anderen Bewerber durch - alle Fraktionen stimmten für ihn.

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Der Posten wird im ersten Quartal 2023 neuausgeschrieben, interimistisch übernimmt Johannes Müller die Agenden. Der 43-Jährige wechselt aus dem Stadtrechnungshof in das Amt.

Das ist insofern spannend, da ein Warnschreiben des Stadtrechnungshofes vor zehn Tagen die Misere überhaupt erst publik machte: Direktor Hans-Georg Windhaber warnte wegen des Schuldenbergs von 1,6 Milliarden Euro vor einer Zahlungsunfähigkeit der Stadt 2023.

Die Regierung sieht das weniger dramatisch, dennoch wird es einen Budget-Sondergemeinderat geben. Der Termin steht noch nicht fest.