Chronik/Österreich

Besetzung in Salzburger Wald - Die Fronten verhärten sich

Die Wohlfühl-Tage der Waldbesetzung sind vorbei. Nicht nur das Wetter wurde im Protestcamp gegen den Bau der Salzburger 380-KV-Leitung in einem Wald bei Bad Vigaun ungemütlicher. Statt Sonnenschein und ungewöhnlich milder Temperaturen wie zum Start der Besetzung hat es beim Besuch des KURIER am Mittwoch Minusgrade. Nebel hängt zwischen den Bäumen, die die Besetzer schützen wollen.

Zehn Männer sind am Mittwochvormittag vor Ort. Vergangene Woche stoppten sie und andere die Rodungen für den Bau der Leitung auf einem Grundstück der Bundesforste mit ihrer Besetzung. Einige von ihnen bekamen dieser Tage eine „Aufforderung zur Rechtfertigung“ von der Bezirkshauptmannschaft, warum sie das forstliche Sperrgebiet betreten haben.

„Wir mussten etwas tun“, sagt Matthias Höllweger, Sprecher der Besetzer. „Wenn ein Baum umgeschnitten ist, dann liegt er. Dann kann man den Ursprungszustand nicht wieder herstellen“, erklärt Höllweger, der als Landwirt im benachbarten Adnet selbst von der Leitung betroffen ist.

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Besitzstörungsklagen

Projektbetreiber Austrian Power Grid (APG) wehrt sich nun gegen die Besetzung. Bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Hallein wurde eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht, die wohl die nunmehrige Aufforderung zur Folge hatte. Dazu laufen Besitzstörungsklagen, auch Schadenersatzforderungen werden vorbereitet.

APG-Projektleiter Wolfgang Hafner bestätigt das dem Grunde nach. „Es hat unrechtmäßige Betretungen gegeben, deshalb sind Behördenverfahren eingeleitet worden. Österreich braucht diese Leitung, Salzburg braucht diese Leitung, wir müssen sie so rasch als möglich umsetzen“, erklärt Hafner.

Die Besetzer, Landwirte und Anrainer aus der Umgebung, haben ihr Camp inzwischen professionell eingerichtet. Es gibt Pläne, wer wann da ist, zwei Baucontainer bekamen sie zum Aufwärmen gesponsert, mit Lebensmitteln werden sie von Unterstützern versorgt. Hauptkritikpunkt sind die Rodungen.

Aussetzen der Rodungen gefordert

„Es ist nicht nachvollziehbar, wie man jetzt schon roden kann“, sagt Höllweger. Zu viele Fragen seien noch offen. Die wichtigste Forderung der Gegner ist, dass die Rodungen ausgesetzt werden, bis der Verwaltungsgerichtshof über die außerordentliche Revision der Leitungsgegner entschieden hat. Höllweger verweist auf die beiden Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Österreich wegen des Leitungsbaus.

Demnach müssten für den Leitungsbau 800 statt der genehmigten 180 Hektar Wald gerodet werden. Auch gegen die Enteignungen richtet sich der Protest. Unverändert fordern die Gegner die Verlegung eines Erdkabels. Dass auch bei dieser Variante mit Protesten von Anrainern zu rechnen sein würde, ist den Gegnern durchaus bewusst. Das Problem sei inzwischen nur mehr schwer zu lösen.

APG appelliert

„Der Verbund (APG ist eine 100-prozentige Verbund-Tochterfirma, Anm.) hat es verabsäumt, dass Energiekorridore geschaffen werden“, meint Höllweger. In der Zwischenzeit sei sehr viel gebaut worden, sodass bei praktisch jeder Trassenführung Anrainer betroffen wären.

Gebe es einen Rodungsbescheid für die 800 Hektar, würde man die Besetzung aber beenden. „Wenn es diesen Bescheid gibt, und er von unserem Anwalt geprüft ist, werden wir sicherlich nichts Ungesetzliches machen“, erklärt Höllweger.

Wie groß die Geduld der APG mit den Besetzern ist, ist freilich fraglich. Hafner will sich dazu nicht festlegen: „Wir hatten ein überlanges Genehmigungsverfahren mit einem rechtskräftigen Erkenntnis. Wir appellieren an die Vernunft der Beteiligten und hoffen, dass wir bald weiterbauen können.“

Jahrelanges Verfahren
Im Gespräch ist die 380-KV-Leitung in Salzburg seit fast 20 Jahren, das Behördenverfahren läuft bereits seit 2012. Bauvorbereitungen laufen seit dem vergangenen Herbst, wann tatsächlich Strom durch die Leitung fließt, steht in den Sternen. Im vergangenen Juni wies der Verfassungsgerichtshof Beschwerden ab und erlaubte den Baubeginn.

Ringschluss für 380-KV-Leitung
Die geplante 113 Kilometer lange Freileitung verläuft von Elixhausen im Flachgau nach Kaprun im Pinzgau. Sie soll die westliche Lücke im 380-KV-Ring in Österreich schließen und ist laut Projektbetreiber APG für die Strom-Versorgungssicherheit Österreichs zwingend notwendig. Das Investitionsvolumen für den Bau beträgt rund 800 Millionen Euro.