Chronik/Österreich

„Anzapft is!“ Hier fließt eigenes Hotel-Bier

Die Bernstein-Farbe, die frische Note, der bittere Abgang: „Es schmeckt einfach nach mehr“, urteilten Gäste bei der Brauerei-Eröffnung in Zell am See am Wochenende. Um zu prüfen, ob Bier tatsächlich ein guter Durstlöscher ist, genehmigten sie sich ein zweites Glas. Rund 250 Festgäste verkosteten das edle Gebräu und die Tiroler Kaiserjäger-Musikkapelle traf per Boot ein.

In der Mikrobrauerei direkt am See am Areal des Grand Hotels werden die Pinzgauer Holleis-Betriebe mit Bier versorgt. In den Handel liefert das „Pinzga Bräu“ nicht. Als Braumeister tüftelt Valentin Klien, ältester Sohn des Hoteliers, mit Rezepten und Bier-Traditionen. Er ist eigentlich Jurist, hat aber im Bierbrauen seine große Leidenschaft gefunden. Gebraut wird an zwei Tagen. Rund 45.000 Liter werden pro Jahr produziert und ausgeschenkt.

Der Hotelier, der Häuser im Pinzgau und Kroatien mit insgesamt 600 Mitarbeitern betreibt, will mit der Brauerei an eine alte Tradition anknüpfen: „Im vorigen Jahrhundert war es üblich, dass jedes größeres Gasthaus eine größere Brauerei hatte. Wir wollten das auch in Zell am See wieder aufleben lassen.“

Er investierte in seine Brauerei mit einer 5-Hektoliter-Brauanlage des deutschen Herstellers Kaspar Schulz rund eine Million Euro. Der Hotelier will mit dem eigenen Bier auch ein stückweit autarker und unabhängiger von weltwirtschaftlichen Strömungen werden.

Wasser aus Zeller See kühlt die Tanks

Gekühlt werden die Tanks umweltfreundlich mit Wasser aus dem Zeller See. Und auch hier knüpft Holleis, ein Liebhaber alter Traditionen, wieder an historische Wurzeln an. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts galt der Zeller See als wichtiges Eisreservoir vor allem für die bayrischen Brauereien. Bei der „Eisernte“ im Februar und März wurde das Eis mit speziellen Werkzeugen in großen Blöcken aus dem See geschnitten und auf die Eisenbahn verladen. In alten Aufzeichnungen ist noch nachzulesen, dass beispielsweise im Winter 1883/’84 3.000 Waggonladungen Natureis nach Wien und München gingen.

Die Trends am Biermarkt

Der Braumeister im „Pinzga Bräu“ konzertiert sich vorerst auf Klassiker wie Zwickel oder Weißbier, ebenso gehören das Bernstein-Herbstbier und ein kräftiger Weihnachtsbock zum Sortiment. Künftig könnten auch vermehrt historische Sorten aufgenommen werden. Eher unkonventionelle Mischungen wie Schoko- oder Trüffelnoten, wie sie im Craftbeer-Bereich boomen, sind aktuell kein Thema. Insgesamt profitieren traditionelle Mikro-Betriebe wie das „Pinzga Bräu am See“ aber vom Craftbeer-Trend, der bereits in den 1970ern in den USA begann und sich laufend verstärkte. Bier wurde seither immer mehr zum Kult-Getränk. Es kann mittlerweile auch als Speisenbegleiter in der gehobenen Gastronomie neben edlen Weinsorten bestehen. Auch die großen Salzburger Brauer wie Stiegl-Chef Heinrich Dieter Kiener freuen sich über die lebendige regionale Bier-Szene.

Hotelier Holleis sieht als einer der wenigen „Gasthaus-Brauerein“ seinen Auftrag vor allem in der starken regionalen Verankerung mit guter Qualität. Fans der neuen Bier-Sorten aus der Region gibt es jetzt schon genug. Auch Peter Lumpi, früher Stadtrat und Betreiber eines Feinkost-Ladens, kann dem nur beipflichten. „Gerade in Zeiten, wo das Regionale so aufgewertet wird, ist die Brauerei eine große Bereicherung.“